FUNPOTENTIAL: Resiliente Wälder für die Klimakrise

Dr. Carola Paul ist Leiterin der Abteilung Forstökonomie und nachhaltige Landnutzungsplanung an der Georg-August-Universität Göttingen und entwickelt gemeinsam mit ihren internationalen Kolleginnen und Kollegen vom Projekt FUNPOTENTIAL forstbetriebliche Optimierungsmodelle, um Gestaltungsmöglichkeiten für widerstandsfähige Wälder aufzuzeigen.

Wofür steht das Akronym im Projekttitel „FUNPOTENTIAL"?
Das Akronym steht für den englischen Projekttitel "Potential of functional diversity for increasing the disturbance resiliency of forests forest-based socio-ecological systems". FUN reflektiert unseren Fokus auf funktionale Diversität, also die Vielfalt an ökologischen Funktionen von Wäldern. POTENTIAL steht für das Potenzial, das diese Vielfalt zur Erhöhung der Resilienz unserer Wälder besitzt. Im Konkreten geht es um die ökologische und sozioökonomische Widerstandsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit unserer Wälder, auch im Hinblick auf den Klimawandel.
Ein passendes Bild ist die eines Teams: Wenn das Team aus vielen Personen besteht, die sehr unterschiedliche Fähigkeiten und Eigenschaften besitzen, kann es besser und schneller auf unerwartete Ereignisse reagieren. Wir untersuchen, inwiefern dies auch für einen Wald mit verschiedenen Baumarten und Altersstrukturen zutrifft. Die Untersuchung erstreckt sich auf drei Versuchsregionen: Der Häme Region in Südfinnland, dem Bereich der französischen Nordalpen und dem Bereich Reinhardswald bis Solling in Mitteldeutschland. FUNPOTENTIAL steht aber auch dafür, dass wir als Forscherteam viel Spaß an unserer Arbeit haben.

Können Sie uns einen Einblick in den derzeitigen Zustand des deutschen Waldes geben - auch im Hinblick auf die Herausforderungen, die durch den Klimawandel verursacht werden?
Durch Stürme, Trockenheit und Borkenkäfer haben wir in Deutschland ein großflächiges Absterben der Fichten erlebt. Der aktuelle Waldzustandsbericht zeigt auch, dass Buchenwälder und andere Laubbaumarten stark von der Trockenheit der letzten Jahre betroffen sind. Hier sind die Sterbeprozesse jedoch langsamer und komplexer vorherzusagen. Deshalb benötigen wir noch ein besseres Verständnis der Zusammenhänge und darüber wie in der Bewirtschaftung auf diese zunehmenden Extremereignisse besser reagiert werden kann.

Das Projekt zielt darauf ab, störungsresistente Waldbewirtschaftungs- und Politikstrategien zu entwickeln. Wie wird das konkret umgesetzt?
In unserem interdisziplinären Team mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Frankreich, Finnland und Deutschland kombinieren wir naturwissenschaftliche und sozioökonomische Erkenntnisse zu den Wechselwirkungen zwischen Baumarteneigenschaften und den natürlichen als auch sozioökonomischen Risiken. Hierzu gehört der Klimawandel bzw. Extremwetterereignisse, aber auch Marktschwankungen. So erarbeiten wir mögliche Bewirtschaftungsstrategien, wie zum Beispiel Baumartenmischungen und Altersstrukturen, die ökologische aber auch ökonomische Risiken reduzieren und einen Kompromiss zwischen den verschiedenen Bedürfnissen darstellen können. Dabei setzen wir auch interaktive Modelle mit Waldbesitzenden und anderen Interessensgruppen ein.

Wie kann der Wald in Deutschland klimaresilient umgebaut werden?
Die Herausforderungen sind die Unsicherheiten bezüglich zukünftiger Entwicklungen. Deshalb erarbeiten wir in diesem Projekt eine Reihe von Störungsszenarien, die wir in unseren Modellen testen. Diesen Unsicherheiten stehen die hohen Investitionskosten im Waldumbau und natürlich auch die hohen ökonomischen Auswirkungen der vergangenen Schadereignisse entgegen. Die angespannte ökonomische Situation der Waldbesitzenden macht es besonders schwierig, sich heute für eine unsichere Zukunft zu wappnen.

Was sind die nächsten Schritte?
Wir sind begeistert von der sehr erfolgreichen und inspirierenden Zusammenarbeit mit unseren europäischen Partnern und den Erfahrungen und Erkenntnissen, die wir in vielen Gesprächen und der gemeinsamen Forschungsarbeit gewonnen haben. Diese Erkenntnisse werden wir im nächsten Schritt für politische Entscheidungsträger, aber auch Waldbesitzende aufbereiten. Unser vorrangiges Ziel ist es, die Ausgestaltung von Fördermaßnahmen im Bereich Waldumbau und Baumartenwahl voranzutreiben. Hierfür werden wir im Verlauf des Projektes eine Politikstrategie für die Förderung einer optimalen Gestaltung von Forstbetrieben entwickeln.

BiodivERsA

BiodivERsA ist ein Netzwerk nationaler Förderorganisationen in der Biodiversitätsforschung. BiodivERsA wurde 2005 als ERA-Net (European Research Area Network) im 6. Forschungsrahmenprogramm der EU initiiert und durch weitere ERA-Nets fortgeführt. Im Jahr 2018 wurde BiodivERsA als übergreifende Dachstruktur gegründet, unter der zurzeit vier ERA-Nets Cofund – BiodivERsA3 (2015), BiodivScen (2017), BiodivClim (2019), BiodivRestore (2020) – parallel verwaltet werden. Die Anzahl der Partner ist stetig angestiegen und beträgt aktuell 39 Institutionen aus 25 Ländern und sechs Überseeterritorien. Das Sekretariat befindet sich in Paris bei der „Fondation pour la Recherche sur la Biodiversité" (FRB). 2016 wurde eine gemeinsame Strategische Forschungs- und Innovationsagenda verabschiedet, deren Umsetzung in regelmäßig aktualisierten Implementierungsplänen konkretisiert wird. Die thematischen Schwerpunkte in BiodivERsA werden durch die Förderorganisationen sowie von Expertinnen und Experten erarbeitet.