ACTRIS ist nun europäische Forschungsinfrastruktur für Atmosphärenforschung
Beschluss der ersten Vollversammlung in Helsinki: Ab sofort ist ACTRIS eine europäische Forschungsinfrastruktur für Atmosphärenforschung. Ziel der gemeinsamen Forschung ist es, Vorhersagen für Klima und Luftqualität zu verbessern.
In Klimadebatten stehen meist klimaschädliche Treibhausgabe wie CO2 oder Methan im Fokus. Doch auch die sogenannten kurzlebigen Bestandteile in der Atmosphäre wie etwa Aerosole, Wolken und Spurengase haben einen Einfluss auf das Klima. Wie die Wechselwirkungen dieser Bestandteile auf das Klima aussehen, messen und untersuchen wissenschaftliche Institutionen aus 17 Ländern mithilfe der im Aufbau befindlichen Forschungsinfrastruktur ACTRIS. Die Abkürzung ACTRIS steht dabei für Aerosol, Clouds and Trace Gases Research Infrastructure. Die Aufbauphase von ACTRIS in Europa läuft noch bis 2025, danach wird ACTRIS in die Betriebsphase übergehen.
Dabei wurde jetzt ein wichtiger Meilenstein erreicht: ACTRIS ist nun rechtlich als europäische Forschungsinfrastruktur für die Atmosphärenforschung anerkannt. Nachdem die EU-Kommission im April 2023 den Weg für eine Gründung als Forschungsinfrastruktur geebnet hatte, gaben auf ihrer ersten Vollversammlung vom 5. bis 6. Juni 2023 in Helsinki alle 17 Mitgliedsländer ihre Zustimmung: Ab sofort hat ACTRIS damit den Status eines europäischen Forschungsinfrastruktur Konsortiums (European Research Infrastructure Consortium; kurz: ERIC). Hauptsitz der Forschungsinfrastruktur ist in Helsinki, Finnland. Von dort aus wird die Zusammenarbeit der über Europa verteilten Mess- und Forschungseinrichtungen zentral koordiniert.
Deutschland hat in ACTRIS eine führende Rolle bei der Konzeption, der technischen Innovation und der Umsetzung der Qualitätssicherung. Gefördert wird ACTRIS-D, dem deutschen Beitrag zu ACTRIS, gemeinsam vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) und Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Für die Aufbauphase (2021-2029) von ACTRIS-D stellt das BMBF insgesamt 86 Millionen Euro zur Verfügung. Die Nutzungsphase – einschließlich einer Testphase – soll im Zeitraum von 2026 bis mindestens 2036 stattfinden.
Koordiniert wird ACTRIS-D durch das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS) in Leipzig. Dr. Ulla Wandinger leitet die Koordination und betont: „Bislang sind die kurzlebigen Bestandteile der Atmosphäre der größte Unsicherheitsfaktor bei der Vorhersage der künftigen Entwicklung des Klimas. Mit ACTRIS wollen wir dazu beitragen, diese Unsicherheiten zu verringern und Wissenslücken zu schließen, indem wir ein möglichst umfassendes Beobachtungsnetz für Langzeitmessungen aufbauen und diese um gezielte Prozessstudien ergänzen. Der Schritt jetzt ein offizielles Konsortium für die europäische Forschungsinfrastruktur zu bilden, wird allen Partnern die Zusammenarbeit deutlich vereinfachen. Denn mit der rechtlichen Gründung als Forschungsinfrastruktur steht dessen Betrieb mit allen Anforderungen und Ansprüchen auf festen Beinen."
Was genau wird mit der Forschungsinfrastruktur ACTRIS untersucht?
Die neue Forschungsinfrastruktur ACTRIS verfolgt das übergreifende Ziel, den Einfluss kurzlebiger Bestandteile der Atmosphäre auf das Klima besser zu verstehen und künftige Vorhersagen für Klima und Luftqualität zu verbessern. Dafür ist es notwendig, ausreichend Daten über kurzlebige atmosphärische Bestandteile (Aerosole, Wolken und Spurengase), ihre räumliche und zeitliche Verteilung sowie ihre komplexen physikalischen und chemischen Wechselwirkungen zu gewinnen. ACTRIS liefert dazu langfristige Beobachtungsdaten von hoher Qualität und ausreichender Dichte, die eine Verbesserung der Vorhersagen zur Entwicklung des Klimas und zur Verteilung von Luftschadstoffen ermöglichen. Dies schließt kurzfristige Wetter- und Gesundheitswarnungen sowie langfristige Auswirkungen der Klimakrise ein.
Was ist eine europäische Forschungsinfrastruktur?
Forschung findet zunehmend länderübergreifend statt. Um Forschung in bestimmten wissenschaftlichen Disziplinen in Europa zu erleichtern, werden sogenannte europäische Forschungsinfrastrukturen geschaffen. Dies sind zentrale Organisationen, die den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in Europa den Zugang zu Forschungsdaten oder Ressourcen wie zum Beispiel Supercomputern ermöglichen. Meist werden die Forschungsinfrastrukturen von mehreren europäischen Ländern finanziert, aufgebaut und betrieben. Im Fall von ACTRIS handelt es sich um eine über Europa verteilte Forschungsinfrastruktur mit zahlreichen (Mess- und Organisation-) Einrichtungen in verschiedenen Ländern.