Dialog zwischen Forschung und Politik: „CO₂-Entnahme als Teil der Klimapolitik: Auf dem Weg zu einer Langfriststrategie”

Teilnehmende aus Politik und Forschung diskutierten bei einem parlamentarischen Frühstück Weichenstellungen zur aktiven Entnahme und anschließenden Speicherung von CO₂. Denn: Nur so kann langfristig die Klimaneutralität erreicht werden.

Weltweit müssen die CO₂-Emissionen drastisch sinken – doch dies alleine wird nicht reichen, um die nationalen und internationalen Klimaschutzziele zu erreichen. Eine notwendige Ergänzung ist die aktive Entnahme von CO₂ aus der Atmosphäre (Carbon Dioxide Removal, CDR). Wo steht aktuell die Forschung? Welche rechtlichen Rahmenbedingungen brauchen innovative Projekte, die sich mit CO₂-Entnahme befassen? Beteiligte des BMBF-Forschungsprogramms CDRterra luden am 10. November 2023 zum parlamentarischen Frühstück „CO₂-Entnahme als Teil der Klimapolitik: Auf dem Weg zu einer Langfriststrategie" in Berlin ein. Das Ziel: den wissenschaftlich-politischen Diskurs vorantreiben und verantwortlichen Personen des Bundestags die neuesten forschungsbasierten Fakten präsentieren. Rund 30 Teilnehmende fanden sich im Paul-Löbe-Haus ein – darunter auch Judith Pirscher, Staatssekretärin im Bundesforschungsministerium und Schirmherr Olaf in der Beek, Mitglied des Bundestages und klimapolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion.

Zum Einstieg führte Dr. Jan Minx vom Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change Berlin (MCC) in das Thema ein und präsentierte Ergebnisse aus dem ersten „State of Carbon Dioxide Removal (CDR)"-Bericht. Aus der darin vorgelegten Analyse geht hervor, dass in der Öffentlichkeit das Thema CO₂-Entnahme zunehmend wahrgenommen werde. Jedoch brauche es weltweit ein stärkeres Engagement von Regierungen für die Entwicklung von CO₂-Entnahmemethoden.

Auch Prof. Julia Pongratz, Leiterin des Departments für Geographie an der Ludwig-Maximilians-Universität München und Projektkoordinatorin von CDRterra, appellierte an eine intensive Zusammenarbeit zwischen Politik und Forschung bei diesem Thema: „Von der Forschungsseite her unterstützen wir das politische Ziel der Klimaneutralität und wollen mit wissenschaftlichen Erkenntnissen unseren Beitrag hierzu leisten. Wir alle brauchen Antworten auf die Frage, welche realistischen Potenziale CO₂-Entnahmemethoden in Deutschland haben. Dabei geht es nicht nur um technisch-naturwissenschaftliche Aspekte, sondern auch darum, wie Maßnahmen mit gesellschaftlichem Rückhalt und politisch, ökologisch sowie wirtschaftlich verträglich zum Einsatz kommen können. Daran forschen wir in CDRterra. Klar ist aber auch, dass wir ein höheres Tempo bezüglich der Umsetzung von CO₂-Entnahme benötigen, wenn wir das deutsche Klimaneutralitätsziel nicht gefährden wollen."

Wie stark Politik und Forschung beim Thema CO₂-Entnahme miteinander verflochten sind, zeigen Beispiele zu den rechtlichen Rahmenbedingungen. So machen die CDR-Forschungsprojekte deutlich: Die CO₂-Entnahme ist „nur" der eine Baustein. Wichtig ist, wie CO₂ anschließend dauerhaft zuverlässig gespeichert werden kann. Hier stellen sich rechtliche Fragen, deren Gestaltungsrahmen in der Verantwortung der Politik liegt – etwa im Zusammenhang mit CDR-Methoden, mit denen Kohlendioxid aus der Atmosphäre entzogen und in Gesteinsschichten oder unter dem Meeresboden gespeichert werden soll. Dazu führte auch Dr. Jessica Strefler vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung in ihrem Beitrag zu den „Bedarfen und Potenzialen von CDR in Deutschland" an: „Um Emissionsneutralität in Deutschland zu erreichen, muss nicht nur die Energiewende gelingen, wir brauchen auch zusätzliche Emissionsminderungen insbesondere bei Methan und Lachgas, um die Abhängigkeit von CO₂-Entnahme zu reduzieren. Doch auch dann wird noch ein breites Portfolio von CO₂-Entnahmeoptionen benötigt. Die nötigen Weichen für deren Entwicklung müssen heute gestellt werden."

Bereits Anfang des Jahres hatte die Bundesregierung ihre Forschungs- und Innovationspolitik neu ausgerichtet und mit der „Zukunftsstrategie Forschung und Innovation" die Wichtigkeit von Wissenschaft unterstrichen, die Wirksamkeit, Wirtschaftlichkeit sowie die gesellschaftliche Akzeptanz von CDR zu erforschen.

Forschungsprogramm CDRterra des Bundesministeriums für Bildung und Forschung

Das Forschungsprogramm CDRterra untersucht CO₂-Entnahmemethoden an Land. Dabei schauen die Forschenden auch auf mögliche verstärkende oder störende Effekte, wenn Methoden kombiniert werden. Neben der Frage, wie viel CO₂ überhaupt entnommen werden kann, und wie eine dauerhafte Bindung des CO₂ gelingt, ist ein weiterer zentraler Aspekt des Programms CDRterra für die Entwicklung und Bewertung von geeigneten politischen Instrumenten zur Steuerung und zu Anreizen für Methoden unter Einbeziehung der Öffentlichkeit und Stakeholdern aus der Zivilgesellschaft. Darüber hinaus wird in CDRterra eine wissenschaftliche Gesamtsynthese aller CO₂-Entnahmethoden erarbeitet. Das BMBF fördert zehn Forschungsprojekte von CDRterra mit insgesamt rund 21 Millionen Euro.