Ausgezeichnet – Jülicher Forscherin digitalisiert die Biotechnologie
Laura Helleckes will neue bakterielle Stämme für die biotechnologische Produktion finden. Das ist wie die berühmte Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Um die Vielzahl möglicher Kandidaten einzugrenzen, nutzt sie künstliche Intelligenz. Für ihre Masterarbeit erhielt die Wissenschaftlerin jetzt den Preis des Zukunftsforums Biotechnologie der DECHEMA. Der Preis ist mit 3.000 Euro dotiert und wird von Sartorius Stedim Biotech unterstützt. Helleckes forschte im Rahmen des BMBF-Verbundprojektes „Digitalisierung in der Industriellen Biotechnologie (DigInBio)“.
Laura Helleckes arbeitet in der Abteilung Bioprozesse und Bioanalytik am Forschungszentrum Jülich. Dort werden mikrobielle Bioprozesse mit verschiedenen analytischen Methoden charakterisiert, optimiert und entwickelt. Bioprozesse spielen vor allem in der Biotechnologie eine wichtige Rolle, denn diese Technologie nutzt spezifische Prozesse von Zellen, um gezielt Produkte wie beispielsweise Pharmaka herzustellen. Eine Steigerung der Produktion hinsichtlich der Quantität und Qualität ist ein wichtiges Ziel. „Der Einsatz der statistischen Modellierung kann die Bioprozessentwicklung enorm nach vorne bringen″, so Laura Helleckes. „Gerade beim Screening großer Stammbibliotheken, wo Produktivitätssteigerungen von wenigen Prozent ausschlaggebend sein können, werden statistisch verlässliche und effiziente Verfahren benötigt.”
In ihrer Masterarbeit setzte Helleckes Modellierungs- und Wahrscheinlichkeitsmethoden zum Screening von bakteriellen Stammdatenbanken ein. Sie nutzte eine Kombination aus Prozessmodellen und Thompson Sampling, um eine Entscheidungshilfe für das weitere Screening zu bekommen. Thompson Sampling ist ein Algorithmus, der den Konflikt löst, sich zum einen nicht nur auf bekannte Stämme zu konzentrieren, die schnellere Ergebnisse liefern, sondern auch die Suche nach dem Unbekannten einschließt, was mittelfristig bessere Resultate bringen kann. Der Algorithmus wird bisher unter anderem dazu genutzt, Werbung zu personalisieren.
Neue Methode ist erfolgreich in der Biotechnologie
Erste Versuche an einer Stammbibliothek des Bodenbakteriums Corynebacterium glutamicum zeigten, dass sich die neue Methode erfolgreich auch in der Biotechnologie einsetzen lässt. Ihre Masterarbeit erstellte Laura Helleckes bei Prof. Dr. Marco Oldiges, Leiter der Abteilung Bioprozesse und Bioanalytik (IBG-1) in Jülich und Professor für Bioprozessanalytik an der RWTH Aachen. Er ist auch Koordinator des BMBF-Verbunds DigInBio. Betreut wurde die Preisträgerin von Michael Osthege, ebenfalls bei DigInBio.
Laura Helleckes wird ihre Arbeiten im Rahmen ihrer Doktorarbeit als Teil des Microbial Bioprocess Lab (MiBioLab) bei Prof. Oldiges fortsetzen. Als Helmholtz Innovation Lab besetzt das MiBioLab die Schnittstelle zur industrienahen Forschung und entwickelt Werkzeuge und Workflows zur Laborautomatisierung und Digitalisierung. Zusammen mit Partnern aus der Industrie sollen diese für eine zielgerichtete Durchmusterung von Stammbibliotheken und die Entwicklung effizienter Methoden zur Bioprozessentwicklung angewendet werden.
Einzug der Digitalisierung in die industrielle Biotechnologie wichtiger Schwerpunkt
Der Preis des Zukunftsforums Biotechnologie der DECHEMA wird jährlich für eine herausragende studentische Abschlussarbeit vergeben, die interdisziplinär orientiert ist. Die Interdisziplinarität, vor allem die Verbindung von Digitalisierung und Biologie, ist ein wichtiger Schwerpunkt in der BMBF-Förderung. Im Verbundprojekt „Digitalisierung in der Industriellen Biotechnologie” soll das Potenzial der Digitalisierung für verschiedene Schritte in der Entwicklung neuer biotechnologischer Prozesse erforscht werden. Dazu fördert das BMBF den Verbund mit rund 2,8 Millionen Euro über drei Jahre hinweg. Neben dem Forschungszentrum Jülich sind auch Partner an der Technischen Universität München und an der Leibniz Universität Hannover beteiligt. Sie widmen sich bioverfahrenstechnischen Aspekten, der Aufbereitung von Produkten und digitalen Laborassistenzsystemen. Im Verlauf des Projekts wurden bereits Demonstrationslabore an den drei Standorten aufgebaut.
Die Digitalisierung ist ein wichtiger Bestandteil der Anfang dieses Jahres verabschiedeten Nationalen Bioökonomiestrategie und wird in Zukunft weiter ausgebaut. Grundlage hierfür wird unter anderem die vor kurzem erschienene BMBF-Förderrichtlinie „Zukunftstechnologien für die industrielle Bioökonomie” sein.