Expedition untersucht Auswirkungen der Munitionsbergung im Meer
In diesen Tagen findet eine Expedition mit dem Forschungsschiff ALKOR in der Lübecker Bucht statt. Während der Forschungsfahrt wird untersucht, wie sich die Munitionsbergung auf die Meeresumwelt auswirkt. Hintergrund ist die vor vier Wochen in den Gebieten Haffkrug und Pelzerhaken begonnene Pilotbergung von Weltkriegsmunition. Die Arbeiten werden vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel mit Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung begleitet.
Seit Mitte September läuft die Pilotbergung von Munitionsaltlasten in der Lübecker Bucht. Drei Bergungsunternehmen holen im Auftrag des Bundesumweltministeriums erstmals vorsorglich Weltkriegsmunition aus einem Verklappungsgebiet. Dabei soll herausgefunden werden, wie eine großflächige Munitionsbergung am Meeresgrund effizient funktionieren kann. Dies ist weltweit Neuland. „Kein anderes Land hat bisher versucht, im großen Stil Altmunition aus dem Meer zu bergen", sagt Professor Jens Greinert, Experte für Munitionsaltlasten am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. „Da sind wir die absoluten Vorreiter."
Begleitendes Umweltmonitoring auf der ALKOR
Unbekannt ist daher auch, wie sich die Bergungsaktivitäten auf die Meeresumwelt auswirken. Im Rahmen der Forschungsfahrt AL622 „Postclear" mit der ALKOR vom 14. bis 21. Oktober 2024 nehmen Forschende daher in der Lübecker Bucht Wasser- und Sedimentproben, fangen Fische für die Untersuchungen und machen Aufnahmen mit dem Unterwasserroboter „Käpt'n Blaubär". An Bord sind neben dem Fahrtleiter Greinert weitere Forschende vom GEOMAR, vom Institut Senckenberg am Meer und vom Thünen-Institut.
„Wir schauen uns verschiedene Parameter an", erklärt Greinert. „Wenn wir nicht vor Ort sind, nehmen auch die Bergungsfirmen Proben, die wir dann auswerten." Die umfassenden Umweltanalysen sind unerlässlich, um die potenziell negativen Umweltauswirkungen der Bergung präzise zu dokumentieren und einschätzen zu können.
1,6 Millionen Tonnen Altmunition am Meeresboden
Bis zu 1,6 Millionen Tonnen konventioneller Munition aus zwei Weltkriegen liegen nach heutigem Wissen auf dem Meeresgrund, teilweise nur wenige Kilometer von den Stränden an Nord- und Ostsee entfernt. Die Zeit zur Bergung drängt: Die Metallhüllen der Munition rosten, und Sprengstoffe wie das krebserregende und erbgutschädigende TNT liegen teilweise offen auf dem Meeresboden. Sprengstoffverbindungen und deren Umbauprodukte konnten bereits im Wasser, in Muscheln und Fischen nachgewiesen werden.
Um dem Problem zu begegnen, hat das Bundesumweltministerium (BMUV) im vergangenen Jahr ein Sofortprogramm in Höhe von 100 Millionen Euro gestartet. Aus diesem Programm wird die Pilotbergung in der Lübecker Bucht finanziert, bei der seit dem 13. September an mehreren Stellen ganz unterschiedliche Munitionstypen geborgen wurden.
Lübecker Bucht als Pilotbergungsgebiet
Die Lübecker Bucht wurde nach einer umfassenden Risiko-Nutzen-Analyse als Pilotbergungsgebiet ausgewählt. Die Bergung ist hier dennoch anspruchsvoll: Verschiedene Munitionstypen – von Patronen und Kisten bis hin zu 500-Kilo-Bomben – liegen in komplexen Schichtungen auf dem Meeresboden. Dadurch können in dem Meeresgebiet wertvolle Informationen über die technischen Anforderungen und die potenziellen Gefahren gewonnen werden, die für zukünftige Bergungsprojekte entscheidend sind. „Die Erkenntnisse aus dieser Pilotbergung werden uns helfen, eine umweltgerechte, sichere und effiziente Prozesskette zur Bergung und späteren Entsorgung von Munitionsaltlasten zu entwickeln", betont Greinert.
Forschung zu Altmunition - Projekt CONMAR
Seit 2016 erforscht das GEOMAR Munitionsaltlasten auf dem Meeresboden der deutschen Nord- und Ostsee. Besonders die vier bekannten Munitionsversenkungsgebiete in der schleswig-holsteinischen Ostsee – zwei Gebiete in der die Lübecker Bucht, die Kolberger Heide bei Kiel und ein Gebiet bei Falshöft – stehen dabei im Fokus. Schwerpunkt der Forschung ist aktuell das Forschungsprojekt CONMAR im Rahmen der Mission sustainMare der Deutschen Allianz für Meeresforschung (DAM). Ziel des Projekts ist es, innovative Konzepte für eine großflächige und umweltgerechte Munitionsbergung zu entwickeln. Das Projekt wird mit 4,8 Millionen Euro vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.