Zukunftsstadt-Konferenz 2019: Stadtklimamodelle für bessere Luft in Städten
Beim Workshop zum Thema „Luftqualität im Stadtklima der Zukunft“ im Rahmen der Zukunftsstadt-Konferenz 2019 diskutierten am 3. Dezember 2019 Stadtklima-Forschende mit Politik und Stadtverwaltungen über mögliche Beiträge der Wissenschaft zu neuen digitalen Hilfsmitteln für Städte mit hohen Luftschadstoffbelastungen.
Wer im Konferenzort Münster selbst bei ungemütlichem Wetter die vielen Radfahrerinnen und Radfahrer auf der Straße zu sehen bekam, dem erschien die Diskussion um schadstoffbelastete Stadtluft möglicherweise fast müßig. Die eingeladenen Referentinnen und Referenten bestätigten aber ausnahmslos, dass trotz aller Verbesserungen die geltenden Grenzwerte viel zu häufig überschritten werden. Johanna Appelhans, die im Umweltbundesamt (UBA) für die nationale Luftreinhaltestrategie verantwortlich ist, wies eindrücklich auf die wissenschaftlich unbestrittenen gesundheitlichen Risiken von Feinstaub, Stickoxiden und Ozon hin.
Ein Highlight des Workshops waren die Präsentationen der Expertinnen und Experten der BMBF-Fördermaßnahme „Stadtklima im Wandel": 30 Universitäten, Forschungseinrichtungen und Unternehmen haben gemeinsam ein neues Computermodell entwickelt, das gebäudeauflösend für ganze Städte Temperatur und Wind simuliert. Hier zeigten Dr. Matthias Mauder (Karlsruher Institut für Technologie, KIT) und Prof. Stephan Weber (Technische Universität Braunschweig), wie mit dem Modell auch Luftschadstoffausbreitungen simuliert werden können. Mit Messkampagnen, die am Boden und in der Luft – mit Flugzeugen, Drohnen, Fahrrädern und mobilen Laboren – die Luft vermessen, zeigte Dr. Ulrich Vogt (Universität Stuttgart), dass in dem Projekt auch eine genaueste Evaluierung der Modellergebnisse vorgenommen wird. Die Ergebnisse liefern der Luftqualitäts-Forschung neue wissenschaftliche Erkenntnisse. Und Stadtverwaltungen können mit dem Modell die Konsequenzen verschiedener Szenarien auch unter zukünftigen Stadtklimabedingungen testen. Frau Appelhans und Dr. Rinke (Landeshauptstadt Stuttgart) bestätigten, dass Politik und Verwaltung in Deutschland solche Hilfsmittel dringend benötigen, um das nationale Luftreinhalteprogramm auch umsetzen zu können. Deutschland hat mit dem Luftreinhalteprogramm auf Grundlage der EU-Richtlinie konkrete Minderungsverpflichtungen für die kommenden Jahre zugesagt.
Die Teilnehmenden des Workshops und des Podiums diskutierten anschließend auch praktische Fragen: Können gute Luftqualitätsmessmodelle Leben retten? Was muss prioritär in unseren Städten passieren, damit die Luft langfristig besser wird? Die Anwesenden waren sich einig, dass die Stadtklimamodelle die Fakten liefern, auf deren Grundlage Bedarf zum Handeln ermittelt wird. Der nächste Schritt – die Maßnahmen, die zum Ziel der besseren Luft und weniger Erkrankungen langfristig führen sollen – bedarf eines breiten interdisziplinären Diskurses, auch mit den Menschen und Stakeholdern vor Ort. Eine große Chance liege in der Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs in einer Weise, „dass die Autos stehen gelassen werden" – so die Empfehlungen der Fachleute. Wichtig seien auch neue kreative Ideen, die nur aus der Zusammenarbeit zwischen Verwaltung, Politik und Forschung entstehen können. Der Workshop war ein weiterer Schritt, um den dringend nötigen Austausch und die Kooperationen voranzubringen.