Potentiell gefährliche Chemikalien im Fokus der Forschung
Von Outdoor-Jacken über Coffee-to-go-Becher bis hin zur Sonnencreme: Viele Produkte unseres alltäglichen Lebens enthalten Chemikalien, die den Produkten ihre gewünschten Eigenschaften verleihen. Bei einigen der eingesetzten Chemikalien handelt es sich aber um Substanzen, über deren Auswirkungen auf die Umwelt kaum etwas bekannt ist. Diese Substanzen könnten sich als umweltgefährdend herausstellen – wir wissen es nur noch nicht. Alles, was die Forschung über diese Chemikalien weiß, hat das Helmholtz-Zentrum Geesthacht (HZG) in seinem neuesten Schlaglicht zusammengefasst.
In seinen multimedialen Schlaglichtern erklärt das Helmholtz-Zentrum Geesthacht Wissenschaft anschaulich in spannenden Animationen und Grafiken. So auch im neuesten Schlaglicht zu langlebigen organischen Schadstoffen. Diese Schadstoffe, auch bekannt als POPs vom Englischen „persistent organic pollutants", reichern sich in der Nahrungskette an und gelangten schließlich in den menschlichen Organismus, so die Autorinnen Christina Apel und Hanna Joerss vom HZG. Die Auswirkungen auf den Menschen seien noch nicht abschließend erforscht. Einige POPs sind jedoch bereits verboten. Problematisch seien oftmals ausgerechnet Stoffe, die als Ersatz für verbotene Chemikalien auf den Markt kommen.
Die Küstenforscherinnen entführen ihr Publikum in dem multimedialen Schlaglicht ins „Chemische Anthropozän" – das Zeitalter, in dem menschengemachte Chemikalien bis in den letzten Winkel der Erde vorgedrungen sind. Die globale Umweltverschmutzung habe immense Ausmaße angenommen, so können „Herzerkrankungen, Schlaganfälle und Lungenkrebs sowie die Verbreitung von Infektionen" eine Folge der Luft- und Wasserverschmutzung sein.
In zwei Messkampagnen in der Nord- und Ostsee machten Forscherinnen und Forscher vom HZG eine besorgniserregende Entdeckung: Eine langlebige Chemikalie, sogenanntes HFPO-DA, kam in jeder Wasserprobe vor. Dabei handelt es sich um einen Stoff, der einen anderen erwiesenermaßen schädlichen Stoff ersetzt, die Perfluoroctansäure. Diese ist schädlich für die Fortpflanzung und wirkt lebertoxisch, weshalb es in vielen Ländern Grenzwerte für die Substanz gibt. „Die regulatorischen Maßnahmen führen dazu, dass die Produktion in weniger regulierte Länder wie China ausgelagert wird. Zudem wird auf nicht-regulierte, vermeintlich umweltfreundlichere Alternativstoffe ausgewichen." Das sehen die Küstenforscherinnen und Küstenforscher vom HZG kritisch. Im Falle von HFPO-DA fanden sie auf einer Expedition mit dem Forschungseisbrecher POLARSTERN heraus, dass die Substanz bereits bis in die Arktis vorgedrungen ist, also ebenso weit transportiert werden kann, wie ihre Vorgängersubstanz Perfluoroctansäure.
Die Forscherinnen stellen eine weitere Gruppe von Problemstoffen vor – UV-Filter aus Sonnencreme, die zu Korallenbleiche führen können. Den Forscherinnen zufolge gelangen „schätzungsweise mehrere tausend Tonnen Sonnencreme jährlich in die Korallenriffe".
Das Schlaglicht beleuchtet darüber hinaus, wie eine Studie aufgebaut ist, in der untersucht wird, ob eine Chemikalie schädliche Auswirkungen auf die Umwelt hat. Auf interaktiven Karten der Nord- und Ostsee erfährt der Besucher, welche Konzentration der Schadstoffe an verschiedenen Punkten gemessen wurde. „Organische UV-Filter lassen sich in den Beprobungsgebieten in Europa und in China nahezu überall nachweisen", ordnen die Forscherinnen die Messergebnisse für Fachfremde ein. „Die nachgewiesenen Konzentrationen von UV-Filtern liegen in Europa und in China in einer ähnlichen Größenordnung." Zudem geben sie einen Überblick über den rechtlichen Rahmen der Schadstoffe in verschiedenen Ländern. Abschließend plädieren die Forscherinnen einerseits für eine umfangreiche Erforschung der Auswirkungen auf die Umwelt. Bei Stoffen, die erwiesenermaßen schädlich sind, seien schließlich internationale Abkommen notwendig, um Mensch und Umwelt vor den negativen Auswirkungen chemischer Verschmutzung zu schützen.