Taufe der CORIOLIS: Schwimmendes Labor für die Küsten- und Wasserstoffforschung
Mit über 400 Gästen ist heute die CORIOLIS feierlich getauft worden. Das neue Forschungsschiff des Helmholtz-Zentrums Hereon ist ein schwimmendes multidisziplinäres Labor mit einer hochmodernen Ausstattung für die Küsten-, Wasserstoff- und Membranforschung. So ist es Wegbereiter für eine innovative Schifffahrt, die den Umweltschutz und die Klimafreundlichkeit stärkt.
Applaus brandete auf, als die Champagner-Flasche am Bug der CORIOLlS aufschlug und zerbarst. Die Gäste aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft feierten die Taufe eines besonderen Forschungsschiffs. „Schleswig-Holstein ist als Küstenland unmittelbar betroffen von klimawandelbedingten Veränderungen in den Ozeanen, von Schadstoffbelastungen in Nord- und Ostsee, von einem möglichen Anstieg des Meeresspiegels oder von Veränderungen für Flora und Fauna in den Meeren", sagte Karin Prien, Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur in Schleswig-Holstein. Zugleich habe das Land ein enormes Potenzial, bei erneuerbaren Energien eine Vorreiterstellung einzunehmen. Hierfür seien weitere Forschungsanstrengungen notwendig. Das neue Forschungsschiff CORIOLIS macht diese Forschung möglich - unter anderem in den Bereichen Antriebstechnologien, Wasserstoffspeicher, Analysemethoden und Digitalisierung.
„Bei der CORIOLIS trifft High-Tech Schifffahrt auf exzellente Küsten- und Klimaforschung. Gleichzeitig besticht das Schiff in punkto Digitalisierung. Es ist ein zentraler Baustein der interdisziplinären Zusammenarbeit im Zentrum und somit ganz im Sinne der neuen Hereon-Ausrichtung", sagte Dr. Ralf Gebel, Vorsitzender des Hereon-Aufsichtsrats und Leiter der Unterabteilung „Anwendungsorientierte Forschung für Innovationen" im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).
Die Küsten im Blick
Das Schiff spielt eine wichtige Rolle in der Küsten- und Klimaforschung. Es untersucht unter anderem Kohlenstoffkreisläufe, Nähr- und Schadstofftransporte zwischen den Flüssen und Küsten in Nord- und Ostsee sowie die Auswirkungen von Offshore-Windkraft auf die Umwelt. Die Daten werden in Echtzeit gesammelt und sollen für den Austausch mit anderen Schiffen und Landstationen zugänglich gemacht werden.
Digitale Zwillinge von Nordsee und Ostsee
Die CORIOLIS trägt mit ihren Messdaten unter anderem zur Entwicklung eines Digitalen Zwillings der Nord- und Ostsee bei. Digitale Zwillinge sind interaktive virtuelle Abbilder von hochkomplexen Prozessen, Systemen oder realen Produkten, die am Hereon kontinuierlich mit Daten aus der realen Welt abgeglichen werden. In diesen werden die auf der CORIOLIS gewonnen Daten automatisiert eingehen und mit entsprechender Modellierung verarbeitet.
Die Modelle sollen helfen, zum Beispiel die Auswirkungen von Offshore-Anwendungen, Technologien und anderen Umweltfaktoren besser zu verstehen. Auch ein Digitaler Zwilling des Wasserstoffsystemlabors der CORIOLIS soll entwickelt werden.
Innovationen für eine grüne Schifffahrt
Der innovative Antrieb des Schiffs besteht aus elektrischen Fahrmotoren, die durch verschiedene Stromerzeuger, einschließlich einer Wasserstoff-Brennstoffzelle, betrieben werden. Der Wasserstoff wird in einem von Hereon entwickelten Metallhydridtank gespeichert, was Wasserstofftechnologien unter realen Bedingungen erprobt.
Metallhydrid ist eine chemische Verbindung, in der Wasserstoff in metallischen Gitterstrukturen gespeichert wird. Sie saugen ihn auf, ähnlich wie ein Schwamm. Die Tanks können dadurch mit weniger Druck und wesentlich kompakter genutzt werden. Im reinen Wasserstoffbetrieb wird die CORIOLIS mit einer Tankladung rund fünf Stunden fahren können.
Forschung in Flachwasserbereichen möglich
Das Schiff wurde hauptsächlich aus Mitteln des BMBF finanziert. Es ist rund 30 Meter lang und acht Meter breit und mit einem Tiefgang von nur 1,6 Metern bestens geeignet, auch Flachwasserbereiche in Küstennähe zu befahren. Die Kosten belaufen sich auf rund 18 Millionen Euro, 1,5 Millionen davon entfielen auf das Wasserstoffsystemlabor.
Zwölf Wissenschaftler und drei Crewmitglieder können gleichzeitig an Bord sein. Geplant sind 200 Messtage pro Jahr. Anfang 2025 werden die Erprobungsfahrten laufen, dann folgen die ersten Forschungskampagnen. Marek Klimenko, Geschäftsführer der Hitzler Werft betonte, wie bedeutend das Projekt für sein Unternehmen sei. „Eine Schiffstaufe ist immer etwas Besonderes. Es ist wie ein Kind, das plötzlich alt genug und selbständig ist. Für unsere Werft und die Region war das ein wichtiger Auftrag."
Was bedeutet Coriolis?
Gaspard-Gustave Coriolis (1792–1843) war ein französischer Ingenieur und Mathematiker, der vor allem für seine Arbeiten in der Mechanik und seine Entdeckung des Corioliseffekts bekannt ist. Die Corioliskraft ist eine Scheinkraft, die durch die Erdrotation entsteht und Bewegungen jeder Art ablenkt, auch von Flüssigkeiten oder Luftmassen. Sie beeinflusst etwa die Strömungen in der Atmosphäre, den Meeren und die Verteilung von Energie und Stoffen auf der Erde maßgeblich, was nicht nur für die Meeresforschung von großer Bedeutung ist. Durch den Namen CORIOLIS kommt zum Ausdruck, dass das Schiff auch die Dynamik von Meeresströmungen und atmosphärischen Prozessen untersucht.