Fortschrittskongress 2015
Keynote von Georg Schütte, Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung, am 21. April 2015 in Berlin, Vertretung des Landes Niedersachsen beim Bund.
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrter Herr Dr. Brinker, vielen Dank für die freundliche Einführung,
sehr geehrte Frau Dr. Nietfeld,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
ich freue mich heute dieses Plenum zu eröffnen.
Den Organisatoren möchte ich an dieser Stelle herzlich für Ihre Einladung danken, der ich sehr gerne gefolgt bin.
Meine Damen und Herren,
der heutige Fortschrittskongress trägt den Titel „Smarte Angebote für Smart Cities von morgen“. Die Städte stehen in der Zukunft vor einem großen Wandel, der mit großen gesellschaftlichen Herausforderungen aber auch großen Chancen einhergeht.
Wir können heute mitbestimmen, wie wir die Stadt der Zukunft - unsere Zukunftsstadt - gestalten wollen. Ein zentrales Thema, das auch für das Bundesministerium für Bildung und Forschung von großer Bedeutung ist. So groß, dass wir das Wissenschaftsjahr 2015 unter dieses Thema Zukunftsstadt gestellt haben. Unsere Zukunftsstadt soll sich dabei an der Vision einer CO2-neutralen, energie- und ressourceneffizienten, klimaangepassten, wandlungsfähigen, lebenswerten und sozial inklusiven Stadt der Zukunft orientiert.
Um diese Vision mit Hilfe der Forschung in die Tat umzusetzen, brauchen wir eine Verankerung des Themas in der Mitte der Gesellschaft. Wir müssen noch konsequenter als bisher die Gesellschaft in den Umbau der Städte einbeziehen. Wir brauchen eine neue Kultur des Zuhörens und des Dialogs. Bürgerinnen und Bürger sollten ihre Erwartungen und Bedenken zur Forschungs- und Innovationsförderung im Bereich Städte artikulieren können und sich ernst genommen fühlen. Bürgerinnen und Bürger sollten von Beginn an auch am Prozess der Themenfindung und Prioritätensetzung in der Forschung beteiligt werden. Die Bedeutung der Beteiligung der Menschen an diesen Veränderungsprozessen können wir nicht hoch genug einschätzen. Hierauf werde ich später nochmals zurückkommen.
Meine Damen und Herren,
zwei von drei Menschen in Deutschland leben heute bereits in Städten, so viele wie nie zuvor. Dafür gibt es viele gute Gründe: Hier finden sie Arbeit, hier trifft sich Angebot und Nachfrage, hier herrscht Vielfalt in jeder Hinsicht. Kurz: die Stadt ist der Ort, an dem immer mehr Menschen ein „gutes Leben“ suchen.
Hier verdichten sich jedoch auch die Probleme unserer Zeit. Die Zahl älterer Mitbürger wächst, das Klima wandelt sich, die Versorgung mit Energie muss neu gesichert und Mobilität neu definiert werden. Demografie, Klimawandel und Energiesicherheit, aber auch das soziale Miteinander gilt es zu meistern. Die großen Veränderungstrends der Welt mit Flüchtlingsströmen, Bevölkerungswachstum, Demografie, Umweltbelastungen und Digitalisierung werden in der Stadt für jeden Einzelnen unmittelbar erfahrbar.
Kurzum die Stadt ist der Ort, an dem unsere Zukunft entscheidend mitbestimmt wird. Die Stadt ist seit jeher eine Art Zukunftslabor. Sie ist Ort der Vielfalt und der Kreativität. Hier werden neue technologische, ökonomische und kulturelle Trends ausprobiert. So eröffnet sie große Chancen für neue Lösungen und technischen Wandel. Die Stadt von morgen soll energieeffizient, technologiebasiert und sozial interaktiv sein – eine smart city.
Wissenschaft und Forschung können einen ganz wesentlichen Beitrag zur Gestaltung unserer Städte leisten. Das BMBF hat eine Reihe von Initiativen gestartet, die dazu beitragen werden, die Herausforderungen in den Städten anzugehen. Eine besondere Rolle spielen dabei die digitale Vernetzung und datengetriebene Innovationen, wie sie auch zum Leitbild einer smart city gehören.
Das BMBF setzt hierbei auf die Erforschung technologischer Lösungen insbesondere in den Bereichen Energieversorgung, Mobilität und Wassertechnik.
Ich möchte im Folgenden Beispiele unserer Forschungsaktivitäten darstellen, um Ihnen aufzuzeigen auf welch vielfältigen und zukunftsweisenden Wegen das BMBF die Entwicklung von innovativen Lösungsbeiträgen fördert.
Um eine zeitnahe Umsetzung neuer Technologien voranzutreiben, bearbeiten Wissenschaft und Wirtschaft in enger Kooperation komplexe und vielschichtige Forschungsfelder im Zuge des Umbaus von Städten. Diese gehen oft mit hohem Forschungsrisiko und gleichzeitig besonderem Potenzial für Sprunginnovationen, also solchen Innovationen, die eine sprunghafte Weiterentwicklung einer Technologie bedeuten, einher.
In der Förderinitiative „Zukunftsfähige Stromnetze“ des BMBF und des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie haben wir mit 83 Forschungsvorhaben und einem Gesamtfördervolumen von etwa 157 Millionen Euro einen umfassenden Innovationsprozess in Gang gesetzt. Die Energiewende wird das Stromnetz in seiner bisherigen Beschaffenheit an seine Grenzen führen. Die heutige Versorgungssicherheit muss aber auch bei einem stetig anwachsenden Anteil an fluktuierenden Energien aus erneuerbaren Energiequellen garantiert sein. Auch bei einem Anteil von 80% erneuerbarer Energien im Jahr 2050 muss zu jeder Zeit im Netz die Balance zwischen Erzeugung und Verbrauch gehalten werden können. Um diese Aufgaben zu erfüllen, brauchen wir intelligente Stromnetze, optimierte Übertragungs- und Verteiltechniken, neue Konzepte zur Netzplanung und Betriebsführung sowie ein innovatives Lastmanagement.
Eine große Chance liegt hierbei in neuen Informations- und Kommunikationstechnologien. Datengetriebene Innovationen, vor allem intelligente Algorithmen zur Vernetzung von Verbrauch, Erzeugung und Transportweg, bieten hier neue Möglichkeiten.
Wir stehen am Beginn einer Transformation zu dezentralen Energiesystemen mit verstärktem Ausbau und Integration Erneuerbarer Energien. Als Konsequenz müssen wir in Zukunft die Energieerzeugung, Energieverteilung und Energiespeicherung noch viel enger miteinander verzahnen. Dies gilt auch im besonderen Maße für Städte, die in dieser Hinsicht wechselseitig voneinander profitieren können. Dies kann letzten Endes nur dann gelingen, wenn wir intelligente Möglichkeiten der Steuerung nutzen. Diese so genannten Smart Grids vernetzen Energieerzeuger, Speichermedien und Energieverbraucher miteinander. So lässt sich die Volatilität des regenerativ und dezentral erzeugten Stroms besser in den Griff bekommen.
Ein Schlüssel zu einer CO2 neutralen und energieeffizienten Stadt können Elektroautos sein. Die Elektromobilität ist weltweit eine Säule zur klimafreundlichen Umgestaltung der Mobilität und in Deutschland ein Teil der Energiewende. Der Betrieb von Elektrofahrzeugen erzeugt insbesondere in Verbindung mit regenerativ erzeugtem Strom deutlich weniger CO2. Zusätzlich können Elektrofahrzeuge mit ihren Energiespeichern die Schwankungen von Wind- und Sonnenkraft künftig ausgleichen und so den Ausbau und die Marktintegration dieser volatilen Energiequellen unterstützen.
Aktuell fördert das BMBF im Rahmen der Förderinitiative „Forschungscampus: öffentlich-private Partnerschaft für Innovationen“ das Projekt Mobility2Grid. Hier entwickeln Wissenschaftler und Unternehmer gemeinsam Modelle, wie Fahrzeuge, Energiespeicher und elektrische Netze effizient zusammenwirken, um eine sichere und wirtschaftlich tragfähige Energie- und Verkehrsversorgung zu gewährleisten. Insgesamt 36 Einrichtungen aus Wirtschaft und Wissenschaft sind eine Partnerschaft „auf Augenhöhe“ eingegangen und bringen erhebliche Eigenbeiträge in Höhe von ca. 30 Mio. € auf. Das BMBF fördert diesen Campus mit bis zu 2 Mio. € pro Jahr. Das abgeleitete Mobilitätskonzept soll in der Praxis getestet werden.
Die Integration von gewerblichen und privaten elektrischen Straßenfahrzeugen in dezentrale Energienetze ist für Städte ein weiterer Schritt in Richtung energieeffiziente, CO2 neutrale Stadt. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass hier es hier auch und vor allem immer um die Menschen geht, die die technischen Entwicklungen mittragen – müssen und wollen. Sei es als Ingenieure, Techniker oder KFZ Handwerker, die neue Elektroautos entwickeln, warten und instand setzen, sei es als Nutzer und Autofahrer, der sein Verhalten ändern muss. Die Elektromobilität fängt auch im Kopf des Nutzers an. Hier geht es um Fragen wie: Wie wird Mobilität gestaltet? Welches Nutzungsverhalten liegt vor? Wie flexibel sind Nutzer bei der Wahl unterschiedlicher Mobilitätsoptionen?
Das Wassermanagement stellt einen zentralen Punkt in einer sich wandelnden Stadt dar. Mit dem Förderschwerpunkt Nachhaltiges Wassermanagement (NaWaM) fördert das BMBF die Entwicklung innovativer Technologien, Verfahren und Systemlösungen für eine nachhaltige Bewirtschaftung der Ressource Wasser. Ein Förderschwerpunkt ist hierbei Wasser in urbanen Räumen. Insbesondere wird hierbei an intelligenten und multifunktionellen Infrastruktursystemen für eine zukunftsfähige Wasserversorgung und Abwasserentsorgung (INIS) geforscht. Ziel ist die Entwicklung von innovativen und umsetzbaren Lösungen für eine Anpassung der Siedlungswasserwirtschaft an die sich ändernden Rahmenbedingungen in Deutschland. Insgesamt werden über drei Jahre 13 Forschungs- und Entwicklungsprojekte mit ca. 33 Mio. € gefördert.
Damit wir zu innovativen Lösungen kommen können, brauchen wir Informations- und Kommunikationstechnologien. Sie sind Schlüsseltechnologien für die Weiterentwicklung intelligenter vernetzter Lösungen. Diese Technologien ermöglichen überhaupt erst die intelligente Vernetzung und Regelung verschiedenster Aspekte des städtischen Lebens wie etwa Energieerzeugung oder Wassermanagement. Hier können wir auf eine gute Basis aufsetzen: DasBMBF hat im Rahmen der Hightech-Strategie allein von 2007 bis 2011 jährlich knapp 300 Mio. Euro hier zur Verfügung gestellt.
Im Zusammenhang mit vernetzen smart cities wird zukünftig die Menge der produzierten Daten und der Umgang damit eine große Rolle spielen. Die Menge der produzierten Daten wächst ungebrochen. Gründe hierfür sind die Digitalisierung von Inhalten, der Datenaustausch aber vor allem auch die Integration digitaler Mess-, Steuer- und Regelsysteme in Alltagsgegenstände sowie die Kommunikation dieser Daten mit „intelligenten Umgebungen“. „Big Data“, das Synonym für den intelligenten Umgang mit solchen großen Datenmengen, ist eine Herausforderung, die man meistern muss, wenn man von dem Einsatz intelligenter Technologien profitiert will. .Das BMBFlegte daher 2013 die Förderinitiative Management und Analyse großer Datenmengen (Big Data) auf, bei der Verbünde aus Wirtschaft und Wissenschaft anwendungsbezogene Forschungs- und Entwicklungsvorhaben im Bereich Big Data zur Entwicklung von Techniken und Werkzeugen umsetzen. Ziel ist es möglichst umfassend einsetzbare Werkzeuge zu erhalten, die einen wesentlichen Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen liefern.
Zusätzlich startete letztes Jahr am Karlsruhe Institute of Technology (KIT) der Aufbau der Smart Data Innovation Labs, die sich der Forschung an neuen Technologien und Algorithmen für die Verwertung von Big Data – großen Datenmengen- verschrieben hat und die Konzepte an realen Datenquellen austesten möchte.
Die Ergebnisse dieser Initiativen werden uns auch für die Städte Mittel an die Hand geben, die es uns ermöglichen ihre drängenden Fragen Schritt für Schritt zu lösen.
In der Euphorie über die technologischen Entwicklungen und Möglichkeiten, die sie bieten, dürfen wir nicht vergessen, dass die aktuellen gesellschaftlichen und technologischen Entwicklungen viele Fragen aufwerfen, die angesprochen und mitgedacht werden müssen. Ein blinder Fortschrittsglaube hilft uns da nicht weiter. Diese Zukunftsfragen müssen von der Gemeinschaft der Bürgerinnen und Bürger verhandelt und mitgetragen werden, sonst wird die Veränderung misslingen. Wir wollen dabei Chancen und Risiken von Forschungsergebnissen und technologischem Wandel beleuchten und auch die Ängste und Befürchtungen der Bürgerinnen und Bürger einbeziehen.
Der Begriff smart city ruft nicht bei allen Bürgerinnen und Bürgern positive Assoziationen hervor. Smart Cities nutzen Informations- und Kommunikationstechnologien dazu, urbane Infrastrukturen, Gebäude und Personen systemübergreifend miteinander zu vernetzen, um ihre Nutzung effizienter zu gestalten.
Bürgerinnen und Bürger sehen oft keinen Mehrwert dieser Technologien. Die viel diskutierten Smart Meter – intelligente Stromzähler – sind ein gutes Beispiel hierfür. Was Transparenz und Energiemanagement fördern soll, wird von einigen Kunden als ungewollte Überwachung angesehen. Oder einfach als abschreckende komplizierte neue Technik.
Kommunen und Stadtplaner sehen zudem erhebliche Schwierigkeiten bei vereinheitlichten Konzepten der smart city Technologien, die ihre Bedürfnisse nicht genug berücksichtigen.
Ein weiteres Problem stellt immer wieder die Datensicherheit im Zusammenhang mit einer vollkommen vernetzten Stadt dar. Bürgerinnen und Bürger möchten Einfluss auf alle diese Entscheidungen nehmen können.
Daher hat sich das BMBF ganz bewusst dafür entschieden den Begriff smart city nicht aufzugreifen. Was wir gestalten möchten ist eine Zukunftsstadt, die auf verantwortungsvolle Weise die Informations- und Kommunikationstechnologien nutzt, um vorhandene, bereits erprobte IT-gestützte Systeme etwa aus Energie, Verkehrssteuerung oder Wassertechnik schrittweise, modular und nachfragegerecht einzusetzen. Nur dieses Vorgehen gewährleistet unserer Meinung nach wirtschaftlich rentable und gesellschaftlich akzeptierte Lösungen.
Wir müssen Risiken und Chancen der Vernetzung unserer Städte abwägen und den Einsatz neuer Informations- und Kommunikationstechnologien, zusammen mit den Kommunen und den Menschen, die in ihnen leben zur Verbesserung der Lebensqualität in den Städten gewinnbringend einsetzen.
Die nachhaltige Entwicklung der Städte gelingt nur gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern. Diese sind verstärkt und als gleichberechtigte Partner in die Transformation der Stadt und ihrer Infrastruktur einzubeziehen, um entscheidende Impulse einzubringen und die Akzeptanz von Maßnahmen zu sichern. Mitunter sind es Ideen und Konzepte jenseits der bekannten Forschungsformate und Forschungsfelder, die eine Transformation hin zur Stadt von morgen erst voranbringen.
Um diese zu identifizieren und zu erproben, braucht es Freiräume und Experimentierfelder für mögliche, richtungsändernde Innovationen jeglicher Art. Wir sehen hier ein großes Potenzial für neue Erkenntnisse und Wirkungsmechanismen. Voraussetzung für die Entwicklung dieser Potenziale ist, dass die Städte Antragsteller oder Partner der Forschung sein können.
Diesem Anspruch hat das BMBF in den letzten Jahren verstärkt und auf vielfältige Weise Rechnung getragen. Und dies gehört auch zukünftig zu den zentralen Aspekten unserer Förderung, um die Transformation der Städte voran zu treiben.
Daher haben wir gemeinsam mit weiteren Ressorts bereits vor zwei Jahren die Initiative Nationale Plattform Zukunftsstadt mit Repräsentanten aus Kommunen, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft ins Leben gerufen. Zusammen mit den Kollegen aus dem Wirtschafts- und dem Verkehrsministerium wurde ein Forum geschaffen, in dem Wissenschaft, Wirtschaft, Kommunen und Zivilgesellschaft gemeinsam Konzepte für die Stadt der Zukunft entwickelt haben. Das Ergebnis der Arbeit von rund hundert Expertinnen und Experten in der Nationalen Plattform liegt nun als strategische Forschungs- und Innovationsagenda vor. Sie bildet die Grundlage für unsere künftige Förderung. Dieses Vorgehen hat sichergestellt, dass die verschiedenen Akteure konstruktiv zusammengearbeitet und nunmehr Lösungen entwickelt werden, die von allen von Beginn an gleichermaßen akzeptiert werden.
Es gilt mehr denn je die großen Themen unserer Zeit im Kontext der Städte gemeinsam anzupacken. Dazu wird das BMBF die Leitinitiative Zukunftsstadt mit 150 Mio. € ausstatten.
Darüber hinaus hat das BMBF verschiedene Förderprogramme aufgesetzt, in denen die Bürgerinnen und Bürger und Kommunen nicht nur Teil einer Kooperation sind, sondern essentieller Baustein bei der Ideenfindung und Umsetzung. Denn es geht in der Zukunftsstadt um stadt- und gesellschaftsverträgliche Lösungen. Der gesellschaftlichen Akzeptanz sowie der ökonomischen, ökologischen und sozialen Tragfähigkeit kommt eine Schlüsselstellung zu.
Die Programme des BMBF umfassen so vielfältige Aspekte wie die Zukunfts-Werk-Stadt, dasBMBF-Programm Energieeffiziente Stadt, die Forschung für ein nachhaltiges Flächenmanagement (REFINA) und nicht zuletzt die Nationale Plattform Zukunftsstadt.
Ich möchte Ihnen die Bedeutung dieser Programme und die Veränderungen, die wir mit Hilfe der Bürgerinnen und Bürger auf den Weg gebracht haben, an einigen Beispielen verdeutlichen.
Die ZukunftsWerkStadt, die Bürger an kommunalen Projekten der nachhaltigen Stadtentwicklung beteiligt und gemeinsam umsetzungsreife Konzepte erarbeitet. Hier beginnt nach sehr erfolgreicher Planungsphase, jetzt in 15 Städten und Landkreisen die Umsetzung der Projekte vor Ort. In der Stadt Ludwigsburg werden neue Wohnformen und Quartiersstrukturen für Ältere entwickelt. Dort ist es auch gelungen, ältere Menschen für weit reichende Zukunftspläne zu motivieren. Und jetzt soll es dort sogar eine stadtweite Umfrage unter Bürgern über 50 Jahren geben, wie sie sich ihre Stadt der Zukunft vorstellen.
Das BMBF-Programm Energieeffiziente Stadt befasst sich damit, wie wir unsere Städte energieeffizienter machen können. 70 Prozent der Emissionen werden heute in den Städten erzeugt. In dem Programm werden deshalb passgenau zu den wirtschaftlichen und sozialen Möglichkeiten der Einwohner Konzepte zum Energiesparen entwickelt − und das mit Erfolg. Am Beispiel von Delitzsch wird sehr erfolgreich untersucht, wie man klimaschädliche Gase in den Städten deutlich reduzieren kann.
Und - ganz aktuell - wurden letzte Woche die Sieger des Wettbewerbs Zukunftsstadt gekürt. Es sollen neue Lösungen und Alternativen gefunden werden, um bestehende Strukturen der Kommunen auch für die Zukunft lebenswert und nachhaltig zu gestalten. 52 Städte, Gemeinden und Landkreise haben gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern, Wissenschaftlern, Ratsvertretern, Verwaltungsmitarbeitern, lokalen Verbänden, Bildungsakteuren vor Ort, Stiftungen und Unternehmen eine nachhaltige und ganzheitliche Vision 2030+ entwickelt. Sie werden in der ersten Phase mit insgesamt 1,75 Mio. € durch das BMBF gefördert.
Dies alles bestärkt uns in dem Wissen, dass wir den richtigen Weg eingeschlagen haben, um unsere Städte für die Herausforderungen unserer Zeit zu rüsten und zu Zukunftsstädten von morgen zu machen.
Das BMBF ist mit seiner breit angelegten Forschungsförderung exzellent aufgestellt, um die Herausforderung die der Wandel der Städte an uns stellt, zu bewältigen. Die neuen Ansätze zur Beteiligung der Bürger und Kommunen bieten den nötigen Raum und die Vernetzung aller Beteiligten, um den Diskurs zum Smart City-Konzept voranzutreiben. Die Forschungsfragen die in Zusammenarbeit aller Beteiligten erarbeitet wurden stellen den wichtigsten Leitfaden für uns dar, um zukünftig die weitere Forschungsförderung festzulegen.
Lassen Sie mich abschließend noch dieses erwähnen: Als eines von neun Leitthemen haben die Bürgerinnen und Bürger zusammen mit den Vertretern der Kommunen, der Politik und der Wissenschaft das Thema Schnittstellentechnologien für die Zukunftsstadt gewählt. Dies zeigt uns – bei aller Skepsis, die mit dem Begriff smart city in Teilen der Bevölkerung verbunden ist -, dass das Thema vernetzte Stadt und die Nutzung neuer Technologien für die Bürgerinnen und Bürger, die Kommunen, aber auch für Politik und Wirtschaft von großer Bedeutung ist.
Wir werden ja hier und heute auf dem Fortschrittskongress weitere interessante und spannende Vorträge zur Stadt der Zukunft hören - von neuen Infrastrukturen für die Stadt, der Zukunft über Elektromobilität bis hin zum Kreuzfahrtschiff als potentiellen Prototyp für smart cities. Vertreter verschiedener Unternehmen werden uns damit ihre Ideen und Entwicklungen vorstellen, die dazu beitragen können unsere Zukunftsstadt weiter zu entwickeln. Sie stellen damit einen sehr bedeutenden Baustein für die Transformation unserer Städte dar.
Wir sind in Deutschland schon an vielen Orten auf dem Weg in die Zukunftsstadt. Wir wollen gemeinsam Ideen, Strategien und Vorbild-Beispiele entwickeln und eine Kompetenz von Architekten, Stadtplanern und Experten unterschiedlicher Fachgebiete aufbauen, die weltweit ihresgleichen sucht und vorbildhaft ist.
Ich bin überzeugt davon, dass dieses Know-How dann auch auf Städte weltweit ausstrahlen kann. Mobilität, Klimaschutz, gesundes Wohnumfeld, soziales Miteinander – das sind alles Herausforderungen, für die die Mega-Metropolen rund um den Globus mindestens so sehr nach Lösungen suchen wie wir. Wenn wir diese Lösungen bieten, können wir Innovationsmotor auf der internationalen Bühne sein.
Mit der Einbeziehung des Wissens aller relevanten Akteure wird eine neue Basis geschaffen. Ich bin mir sicher, dass auf dieser Basis spannende Projekte und neuartige Lösungen entstehen werden, die uns hinführen werden zu einer CO2-neutralen, energie- und ressourceneffizienten, klimaangepassten, wandlungsfähigen, lebenswerten und sozial inklusiven Stadt der Zukunft – unserer Zukunftsstadt.
Sehr geehrter Herr Dr. Brinker, vielen Dank für die freundliche Einführung,
sehr geehrte Frau Dr. Nietfeld,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
ich freue mich heute dieses Plenum zu eröffnen.
Den Organisatoren möchte ich an dieser Stelle herzlich für Ihre Einladung danken, der ich sehr gerne gefolgt bin.
Meine Damen und Herren,
der heutige Fortschrittskongress trägt den Titel „Smarte Angebote für Smart Cities von morgen“. Die Städte stehen in der Zukunft vor einem großen Wandel, der mit großen gesellschaftlichen Herausforderungen aber auch großen Chancen einhergeht.
Wir können heute mitbestimmen, wie wir die Stadt der Zukunft - unsere Zukunftsstadt - gestalten wollen. Ein zentrales Thema, das auch für das Bundesministerium für Bildung und Forschung von großer Bedeutung ist. So groß, dass wir das Wissenschaftsjahr 2015 unter dieses Thema Zukunftsstadt gestellt haben. Unsere Zukunftsstadt soll sich dabei an der Vision einer CO2-neutralen, energie- und ressourceneffizienten, klimaangepassten, wandlungsfähigen, lebenswerten und sozial inklusiven Stadt der Zukunft orientiert.
Um diese Vision mit Hilfe der Forschung in die Tat umzusetzen, brauchen wir eine Verankerung des Themas in der Mitte der Gesellschaft. Wir müssen noch konsequenter als bisher die Gesellschaft in den Umbau der Städte einbeziehen. Wir brauchen eine neue Kultur des Zuhörens und des Dialogs. Bürgerinnen und Bürger sollten ihre Erwartungen und Bedenken zur Forschungs- und Innovationsförderung im Bereich Städte artikulieren können und sich ernst genommen fühlen. Bürgerinnen und Bürger sollten von Beginn an auch am Prozess der Themenfindung und Prioritätensetzung in der Forschung beteiligt werden. Die Bedeutung der Beteiligung der Menschen an diesen Veränderungsprozessen können wir nicht hoch genug einschätzen. Hierauf werde ich später nochmals zurückkommen.
Meine Damen und Herren,
zwei von drei Menschen in Deutschland leben heute bereits in Städten, so viele wie nie zuvor. Dafür gibt es viele gute Gründe: Hier finden sie Arbeit, hier trifft sich Angebot und Nachfrage, hier herrscht Vielfalt in jeder Hinsicht. Kurz: die Stadt ist der Ort, an dem immer mehr Menschen ein „gutes Leben“ suchen.
Hier verdichten sich jedoch auch die Probleme unserer Zeit. Die Zahl älterer Mitbürger wächst, das Klima wandelt sich, die Versorgung mit Energie muss neu gesichert und Mobilität neu definiert werden. Demografie, Klimawandel und Energiesicherheit, aber auch das soziale Miteinander gilt es zu meistern. Die großen Veränderungstrends der Welt mit Flüchtlingsströmen, Bevölkerungswachstum, Demografie, Umweltbelastungen und Digitalisierung werden in der Stadt für jeden Einzelnen unmittelbar erfahrbar.
Kurzum die Stadt ist der Ort, an dem unsere Zukunft entscheidend mitbestimmt wird. Die Stadt ist seit jeher eine Art Zukunftslabor. Sie ist Ort der Vielfalt und der Kreativität. Hier werden neue technologische, ökonomische und kulturelle Trends ausprobiert. So eröffnet sie große Chancen für neue Lösungen und technischen Wandel. Die Stadt von morgen soll energieeffizient, technologiebasiert und sozial interaktiv sein – eine smart city.
Wissenschaft und Forschung können einen ganz wesentlichen Beitrag zur Gestaltung unserer Städte leisten. Das BMBF hat eine Reihe von Initiativen gestartet, die dazu beitragen werden, die Herausforderungen in den Städten anzugehen. Eine besondere Rolle spielen dabei die digitale Vernetzung und datengetriebene Innovationen, wie sie auch zum Leitbild einer smart city gehören.
Das BMBF setzt hierbei auf die Erforschung technologischer Lösungen insbesondere in den Bereichen Energieversorgung, Mobilität und Wassertechnik.
Ich möchte im Folgenden Beispiele unserer Forschungsaktivitäten darstellen, um Ihnen aufzuzeigen auf welch vielfältigen und zukunftsweisenden Wegen das BMBF die Entwicklung von innovativen Lösungsbeiträgen fördert.
Um eine zeitnahe Umsetzung neuer Technologien voranzutreiben, bearbeiten Wissenschaft und Wirtschaft in enger Kooperation komplexe und vielschichtige Forschungsfelder im Zuge des Umbaus von Städten. Diese gehen oft mit hohem Forschungsrisiko und gleichzeitig besonderem Potenzial für Sprunginnovationen, also solchen Innovationen, die eine sprunghafte Weiterentwicklung einer Technologie bedeuten, einher.
In der Förderinitiative „Zukunftsfähige Stromnetze“ des BMBF und des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie haben wir mit 83 Forschungsvorhaben und einem Gesamtfördervolumen von etwa 157 Millionen Euro einen umfassenden Innovationsprozess in Gang gesetzt. Die Energiewende wird das Stromnetz in seiner bisherigen Beschaffenheit an seine Grenzen führen. Die heutige Versorgungssicherheit muss aber auch bei einem stetig anwachsenden Anteil an fluktuierenden Energien aus erneuerbaren Energiequellen garantiert sein. Auch bei einem Anteil von 80% erneuerbarer Energien im Jahr 2050 muss zu jeder Zeit im Netz die Balance zwischen Erzeugung und Verbrauch gehalten werden können. Um diese Aufgaben zu erfüllen, brauchen wir intelligente Stromnetze, optimierte Übertragungs- und Verteiltechniken, neue Konzepte zur Netzplanung und Betriebsführung sowie ein innovatives Lastmanagement.
Eine große Chance liegt hierbei in neuen Informations- und Kommunikationstechnologien. Datengetriebene Innovationen, vor allem intelligente Algorithmen zur Vernetzung von Verbrauch, Erzeugung und Transportweg, bieten hier neue Möglichkeiten.
Wir stehen am Beginn einer Transformation zu dezentralen Energiesystemen mit verstärktem Ausbau und Integration Erneuerbarer Energien. Als Konsequenz müssen wir in Zukunft die Energieerzeugung, Energieverteilung und Energiespeicherung noch viel enger miteinander verzahnen. Dies gilt auch im besonderen Maße für Städte, die in dieser Hinsicht wechselseitig voneinander profitieren können. Dies kann letzten Endes nur dann gelingen, wenn wir intelligente Möglichkeiten der Steuerung nutzen. Diese so genannten Smart Grids vernetzen Energieerzeuger, Speichermedien und Energieverbraucher miteinander. So lässt sich die Volatilität des regenerativ und dezentral erzeugten Stroms besser in den Griff bekommen.
Ein Schlüssel zu einer CO2 neutralen und energieeffizienten Stadt können Elektroautos sein. Die Elektromobilität ist weltweit eine Säule zur klimafreundlichen Umgestaltung der Mobilität und in Deutschland ein Teil der Energiewende. Der Betrieb von Elektrofahrzeugen erzeugt insbesondere in Verbindung mit regenerativ erzeugtem Strom deutlich weniger CO2. Zusätzlich können Elektrofahrzeuge mit ihren Energiespeichern die Schwankungen von Wind- und Sonnenkraft künftig ausgleichen und so den Ausbau und die Marktintegration dieser volatilen Energiequellen unterstützen.
Aktuell fördert das BMBF im Rahmen der Förderinitiative „Forschungscampus: öffentlich-private Partnerschaft für Innovationen“ das Projekt Mobility2Grid. Hier entwickeln Wissenschaftler und Unternehmer gemeinsam Modelle, wie Fahrzeuge, Energiespeicher und elektrische Netze effizient zusammenwirken, um eine sichere und wirtschaftlich tragfähige Energie- und Verkehrsversorgung zu gewährleisten. Insgesamt 36 Einrichtungen aus Wirtschaft und Wissenschaft sind eine Partnerschaft „auf Augenhöhe“ eingegangen und bringen erhebliche Eigenbeiträge in Höhe von ca. 30 Mio. € auf. Das BMBF fördert diesen Campus mit bis zu 2 Mio. € pro Jahr. Das abgeleitete Mobilitätskonzept soll in der Praxis getestet werden.
Die Integration von gewerblichen und privaten elektrischen Straßenfahrzeugen in dezentrale Energienetze ist für Städte ein weiterer Schritt in Richtung energieeffiziente, CO2 neutrale Stadt. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass hier es hier auch und vor allem immer um die Menschen geht, die die technischen Entwicklungen mittragen – müssen und wollen. Sei es als Ingenieure, Techniker oder KFZ Handwerker, die neue Elektroautos entwickeln, warten und instand setzen, sei es als Nutzer und Autofahrer, der sein Verhalten ändern muss. Die Elektromobilität fängt auch im Kopf des Nutzers an. Hier geht es um Fragen wie: Wie wird Mobilität gestaltet? Welches Nutzungsverhalten liegt vor? Wie flexibel sind Nutzer bei der Wahl unterschiedlicher Mobilitätsoptionen?
Das Wassermanagement stellt einen zentralen Punkt in einer sich wandelnden Stadt dar. Mit dem Förderschwerpunkt Nachhaltiges Wassermanagement (NaWaM) fördert das BMBF die Entwicklung innovativer Technologien, Verfahren und Systemlösungen für eine nachhaltige Bewirtschaftung der Ressource Wasser. Ein Förderschwerpunkt ist hierbei Wasser in urbanen Räumen. Insbesondere wird hierbei an intelligenten und multifunktionellen Infrastruktursystemen für eine zukunftsfähige Wasserversorgung und Abwasserentsorgung (INIS) geforscht. Ziel ist die Entwicklung von innovativen und umsetzbaren Lösungen für eine Anpassung der Siedlungswasserwirtschaft an die sich ändernden Rahmenbedingungen in Deutschland. Insgesamt werden über drei Jahre 13 Forschungs- und Entwicklungsprojekte mit ca. 33 Mio. € gefördert.
Damit wir zu innovativen Lösungen kommen können, brauchen wir Informations- und Kommunikationstechnologien. Sie sind Schlüsseltechnologien für die Weiterentwicklung intelligenter vernetzter Lösungen. Diese Technologien ermöglichen überhaupt erst die intelligente Vernetzung und Regelung verschiedenster Aspekte des städtischen Lebens wie etwa Energieerzeugung oder Wassermanagement. Hier können wir auf eine gute Basis aufsetzen: DasBMBF hat im Rahmen der Hightech-Strategie allein von 2007 bis 2011 jährlich knapp 300 Mio. Euro hier zur Verfügung gestellt.
Im Zusammenhang mit vernetzen smart cities wird zukünftig die Menge der produzierten Daten und der Umgang damit eine große Rolle spielen. Die Menge der produzierten Daten wächst ungebrochen. Gründe hierfür sind die Digitalisierung von Inhalten, der Datenaustausch aber vor allem auch die Integration digitaler Mess-, Steuer- und Regelsysteme in Alltagsgegenstände sowie die Kommunikation dieser Daten mit „intelligenten Umgebungen“. „Big Data“, das Synonym für den intelligenten Umgang mit solchen großen Datenmengen, ist eine Herausforderung, die man meistern muss, wenn man von dem Einsatz intelligenter Technologien profitiert will. .Das BMBFlegte daher 2013 die Förderinitiative Management und Analyse großer Datenmengen (Big Data) auf, bei der Verbünde aus Wirtschaft und Wissenschaft anwendungsbezogene Forschungs- und Entwicklungsvorhaben im Bereich Big Data zur Entwicklung von Techniken und Werkzeugen umsetzen. Ziel ist es möglichst umfassend einsetzbare Werkzeuge zu erhalten, die einen wesentlichen Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen liefern.
Zusätzlich startete letztes Jahr am Karlsruhe Institute of Technology (KIT) der Aufbau der Smart Data Innovation Labs, die sich der Forschung an neuen Technologien und Algorithmen für die Verwertung von Big Data – großen Datenmengen- verschrieben hat und die Konzepte an realen Datenquellen austesten möchte.
Die Ergebnisse dieser Initiativen werden uns auch für die Städte Mittel an die Hand geben, die es uns ermöglichen ihre drängenden Fragen Schritt für Schritt zu lösen.
In der Euphorie über die technologischen Entwicklungen und Möglichkeiten, die sie bieten, dürfen wir nicht vergessen, dass die aktuellen gesellschaftlichen und technologischen Entwicklungen viele Fragen aufwerfen, die angesprochen und mitgedacht werden müssen. Ein blinder Fortschrittsglaube hilft uns da nicht weiter. Diese Zukunftsfragen müssen von der Gemeinschaft der Bürgerinnen und Bürger verhandelt und mitgetragen werden, sonst wird die Veränderung misslingen. Wir wollen dabei Chancen und Risiken von Forschungsergebnissen und technologischem Wandel beleuchten und auch die Ängste und Befürchtungen der Bürgerinnen und Bürger einbeziehen.
Der Begriff smart city ruft nicht bei allen Bürgerinnen und Bürgern positive Assoziationen hervor. Smart Cities nutzen Informations- und Kommunikationstechnologien dazu, urbane Infrastrukturen, Gebäude und Personen systemübergreifend miteinander zu vernetzen, um ihre Nutzung effizienter zu gestalten.
Bürgerinnen und Bürger sehen oft keinen Mehrwert dieser Technologien. Die viel diskutierten Smart Meter – intelligente Stromzähler – sind ein gutes Beispiel hierfür. Was Transparenz und Energiemanagement fördern soll, wird von einigen Kunden als ungewollte Überwachung angesehen. Oder einfach als abschreckende komplizierte neue Technik.
Kommunen und Stadtplaner sehen zudem erhebliche Schwierigkeiten bei vereinheitlichten Konzepten der smart city Technologien, die ihre Bedürfnisse nicht genug berücksichtigen.
Ein weiteres Problem stellt immer wieder die Datensicherheit im Zusammenhang mit einer vollkommen vernetzten Stadt dar. Bürgerinnen und Bürger möchten Einfluss auf alle diese Entscheidungen nehmen können.
Daher hat sich das BMBF ganz bewusst dafür entschieden den Begriff smart city nicht aufzugreifen. Was wir gestalten möchten ist eine Zukunftsstadt, die auf verantwortungsvolle Weise die Informations- und Kommunikationstechnologien nutzt, um vorhandene, bereits erprobte IT-gestützte Systeme etwa aus Energie, Verkehrssteuerung oder Wassertechnik schrittweise, modular und nachfragegerecht einzusetzen. Nur dieses Vorgehen gewährleistet unserer Meinung nach wirtschaftlich rentable und gesellschaftlich akzeptierte Lösungen.
Wir müssen Risiken und Chancen der Vernetzung unserer Städte abwägen und den Einsatz neuer Informations- und Kommunikationstechnologien, zusammen mit den Kommunen und den Menschen, die in ihnen leben zur Verbesserung der Lebensqualität in den Städten gewinnbringend einsetzen.
Die nachhaltige Entwicklung der Städte gelingt nur gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern. Diese sind verstärkt und als gleichberechtigte Partner in die Transformation der Stadt und ihrer Infrastruktur einzubeziehen, um entscheidende Impulse einzubringen und die Akzeptanz von Maßnahmen zu sichern. Mitunter sind es Ideen und Konzepte jenseits der bekannten Forschungsformate und Forschungsfelder, die eine Transformation hin zur Stadt von morgen erst voranbringen.
Um diese zu identifizieren und zu erproben, braucht es Freiräume und Experimentierfelder für mögliche, richtungsändernde Innovationen jeglicher Art. Wir sehen hier ein großes Potenzial für neue Erkenntnisse und Wirkungsmechanismen. Voraussetzung für die Entwicklung dieser Potenziale ist, dass die Städte Antragsteller oder Partner der Forschung sein können.
Diesem Anspruch hat das BMBF in den letzten Jahren verstärkt und auf vielfältige Weise Rechnung getragen. Und dies gehört auch zukünftig zu den zentralen Aspekten unserer Förderung, um die Transformation der Städte voran zu treiben.
Daher haben wir gemeinsam mit weiteren Ressorts bereits vor zwei Jahren die Initiative Nationale Plattform Zukunftsstadt mit Repräsentanten aus Kommunen, Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft ins Leben gerufen. Zusammen mit den Kollegen aus dem Wirtschafts- und dem Verkehrsministerium wurde ein Forum geschaffen, in dem Wissenschaft, Wirtschaft, Kommunen und Zivilgesellschaft gemeinsam Konzepte für die Stadt der Zukunft entwickelt haben. Das Ergebnis der Arbeit von rund hundert Expertinnen und Experten in der Nationalen Plattform liegt nun als strategische Forschungs- und Innovationsagenda vor. Sie bildet die Grundlage für unsere künftige Förderung. Dieses Vorgehen hat sichergestellt, dass die verschiedenen Akteure konstruktiv zusammengearbeitet und nunmehr Lösungen entwickelt werden, die von allen von Beginn an gleichermaßen akzeptiert werden.
Es gilt mehr denn je die großen Themen unserer Zeit im Kontext der Städte gemeinsam anzupacken. Dazu wird das BMBF die Leitinitiative Zukunftsstadt mit 150 Mio. € ausstatten.
Darüber hinaus hat das BMBF verschiedene Förderprogramme aufgesetzt, in denen die Bürgerinnen und Bürger und Kommunen nicht nur Teil einer Kooperation sind, sondern essentieller Baustein bei der Ideenfindung und Umsetzung. Denn es geht in der Zukunftsstadt um stadt- und gesellschaftsverträgliche Lösungen. Der gesellschaftlichen Akzeptanz sowie der ökonomischen, ökologischen und sozialen Tragfähigkeit kommt eine Schlüsselstellung zu.
Die Programme des BMBF umfassen so vielfältige Aspekte wie die Zukunfts-Werk-Stadt, dasBMBF-Programm Energieeffiziente Stadt, die Forschung für ein nachhaltiges Flächenmanagement (REFINA) und nicht zuletzt die Nationale Plattform Zukunftsstadt.
Ich möchte Ihnen die Bedeutung dieser Programme und die Veränderungen, die wir mit Hilfe der Bürgerinnen und Bürger auf den Weg gebracht haben, an einigen Beispielen verdeutlichen.
Die ZukunftsWerkStadt, die Bürger an kommunalen Projekten der nachhaltigen Stadtentwicklung beteiligt und gemeinsam umsetzungsreife Konzepte erarbeitet. Hier beginnt nach sehr erfolgreicher Planungsphase, jetzt in 15 Städten und Landkreisen die Umsetzung der Projekte vor Ort. In der Stadt Ludwigsburg werden neue Wohnformen und Quartiersstrukturen für Ältere entwickelt. Dort ist es auch gelungen, ältere Menschen für weit reichende Zukunftspläne zu motivieren. Und jetzt soll es dort sogar eine stadtweite Umfrage unter Bürgern über 50 Jahren geben, wie sie sich ihre Stadt der Zukunft vorstellen.
Das BMBF-Programm Energieeffiziente Stadt befasst sich damit, wie wir unsere Städte energieeffizienter machen können. 70 Prozent der Emissionen werden heute in den Städten erzeugt. In dem Programm werden deshalb passgenau zu den wirtschaftlichen und sozialen Möglichkeiten der Einwohner Konzepte zum Energiesparen entwickelt − und das mit Erfolg. Am Beispiel von Delitzsch wird sehr erfolgreich untersucht, wie man klimaschädliche Gase in den Städten deutlich reduzieren kann.
Und - ganz aktuell - wurden letzte Woche die Sieger des Wettbewerbs Zukunftsstadt gekürt. Es sollen neue Lösungen und Alternativen gefunden werden, um bestehende Strukturen der Kommunen auch für die Zukunft lebenswert und nachhaltig zu gestalten. 52 Städte, Gemeinden und Landkreise haben gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern, Wissenschaftlern, Ratsvertretern, Verwaltungsmitarbeitern, lokalen Verbänden, Bildungsakteuren vor Ort, Stiftungen und Unternehmen eine nachhaltige und ganzheitliche Vision 2030+ entwickelt. Sie werden in der ersten Phase mit insgesamt 1,75 Mio. € durch das BMBF gefördert.
Dies alles bestärkt uns in dem Wissen, dass wir den richtigen Weg eingeschlagen haben, um unsere Städte für die Herausforderungen unserer Zeit zu rüsten und zu Zukunftsstädten von morgen zu machen.
Das BMBF ist mit seiner breit angelegten Forschungsförderung exzellent aufgestellt, um die Herausforderung die der Wandel der Städte an uns stellt, zu bewältigen. Die neuen Ansätze zur Beteiligung der Bürger und Kommunen bieten den nötigen Raum und die Vernetzung aller Beteiligten, um den Diskurs zum Smart City-Konzept voranzutreiben. Die Forschungsfragen die in Zusammenarbeit aller Beteiligten erarbeitet wurden stellen den wichtigsten Leitfaden für uns dar, um zukünftig die weitere Forschungsförderung festzulegen.
Lassen Sie mich abschließend noch dieses erwähnen: Als eines von neun Leitthemen haben die Bürgerinnen und Bürger zusammen mit den Vertretern der Kommunen, der Politik und der Wissenschaft das Thema Schnittstellentechnologien für die Zukunftsstadt gewählt. Dies zeigt uns – bei aller Skepsis, die mit dem Begriff smart city in Teilen der Bevölkerung verbunden ist -, dass das Thema vernetzte Stadt und die Nutzung neuer Technologien für die Bürgerinnen und Bürger, die Kommunen, aber auch für Politik und Wirtschaft von großer Bedeutung ist.
Wir werden ja hier und heute auf dem Fortschrittskongress weitere interessante und spannende Vorträge zur Stadt der Zukunft hören - von neuen Infrastrukturen für die Stadt, der Zukunft über Elektromobilität bis hin zum Kreuzfahrtschiff als potentiellen Prototyp für smart cities. Vertreter verschiedener Unternehmen werden uns damit ihre Ideen und Entwicklungen vorstellen, die dazu beitragen können unsere Zukunftsstadt weiter zu entwickeln. Sie stellen damit einen sehr bedeutenden Baustein für die Transformation unserer Städte dar.
Wir sind in Deutschland schon an vielen Orten auf dem Weg in die Zukunftsstadt. Wir wollen gemeinsam Ideen, Strategien und Vorbild-Beispiele entwickeln und eine Kompetenz von Architekten, Stadtplanern und Experten unterschiedlicher Fachgebiete aufbauen, die weltweit ihresgleichen sucht und vorbildhaft ist.
Ich bin überzeugt davon, dass dieses Know-How dann auch auf Städte weltweit ausstrahlen kann. Mobilität, Klimaschutz, gesundes Wohnumfeld, soziales Miteinander – das sind alles Herausforderungen, für die die Mega-Metropolen rund um den Globus mindestens so sehr nach Lösungen suchen wie wir. Wenn wir diese Lösungen bieten, können wir Innovationsmotor auf der internationalen Bühne sein.
Mit der Einbeziehung des Wissens aller relevanten Akteure wird eine neue Basis geschaffen. Ich bin mir sicher, dass auf dieser Basis spannende Projekte und neuartige Lösungen entstehen werden, die uns hinführen werden zu einer CO2-neutralen, energie- und ressourceneffizienten, klimaangepassten, wandlungsfähigen, lebenswerten und sozial inklusiven Stadt der Zukunft – unserer Zukunftsstadt.