08.04.2020 31.12.2025
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Epigenetik- Chancen für die Pflanzenforschung

Die Sicherung der Produktion von gesunden und sicheren Nahrungsmitteln im Kontext sich ändernder Klima- und Umweltbedingungen, bei gleichzeitig stetig wachsender Weltbevölkerung, ist eine der großen Herausforderungen unserer Gesellschaft in den kommenden Jahrzehnten. Zugleich nimmt die weltweit wachsende Nachfrage nach qualitativ hochwertigen biobasierten Ressourcen für die stoffliche Nutzung kontinuierlich zu. Der Bedarf an biologischen Rohstoffen zur energetischen Verwertung verschärft die Notwendigkeit des Einsatzes wie auch der Entwicklung von effizienten, energie- und ressourcenschonenden Technologien zur Erhöhung der landwirtschaftlichen Primärproduktion zusätzlich.

Einen signifikanten Beitrag zur Steigerung des landwirtschaftlichen Ertrags und zur Anpassung von Nutzpflanzen an veränderte Klima- und Umweltbedingungen kann die deutsche Pflanzenforschung leisten. Sie nimmt im weltweiten Vergleich eine führende Position ein. Zu diesem Erfolg trägt neben einer innovativen, angewandten Züchtungsforschung insbesondere eine effektive und produktive Grundlagenforschung in den Pflanzenwissenschaften erheblich bei. Eine der Forschungsdisziplinen, die sich in der letzten Dekade rasant entwickelt hat, ist die Epigenetik. Die Epigenetik untersucht vererbbare Änderungen der Genaktivität, die nicht auf Veränderungen der primären DNA-Sequenz beruhen. Einige grundlegende molekulare Mechanismen in der Epigenetik, die zu Modifikationen der Chromosomenorganisation und DNA-Struktur führen sowie die sich hieraus ergebenden Konsequenzen für die Ausprägung von Merkmalen, wurden bereits aufgeklärt. In der medizinischen Forschung entwickelten sich aus diesen Erkenntnissen bedeutende Fortschritte des mechanistischen Verständnisses von Erkrankungen des Menschen und deren Therapiemöglichkeiten.

Die Erforschung der Epigenetik in den Pflanzenwissenschaften besitzt ebenfalls enormes wissenschaftliches und technologisches Anwendungspotenzial. Sie erhält aktuell allerdings eine deutlich geringere Aufmerksamkeit – verglichen mit der medizinischen Forschung. Epigenetische Mechanismen, wie die DNA-Methylierung, Histon-Modifikationen und Umgestaltungen der Chromatinstruktur, sind wichtige Komponenten, die die phänotypische Merkmalsausprägung von Pflanzen beeinflussen. Neben genetischen Mechanismen sind epigenetische Modifikationen in Pflanzen von großer Bedeutung für die Anpassung an veränderte Umweltbedingungen, wie z. B. Trockenheit, Temperaturveränderungen oder Pathogen- und Schädlingsbefall. Epigenetische Mechanismen können eine wichtige Stellschraube bei der Anpassung des pflanzlichen Organismus an ein sich änderndes Klima sein. Hierfür spricht u. a. die Beobachtung, dass ein Einfluss dieser Mechanismen auf wichtige Ertragskomponenten von Kulturpflanzen bereits experimentell gezeigt werden konnte. Da die Stabilität von epigenetischen Veränderungen – verglichen mit klassischen Genmodifikationen auf Basis der DNA-Sequenz – veränderlich ist, sind epigenetische Merkmale bisher nur bedingt in der Pflanzenzüchtung nutzbar.

Wer wird gefördert?

Antragsberechtigt sind Hochschulen, außeruniversitäre Forschungs- und Wissenschaftseinrichtungen, Landes- und Bundeseinrichtungen mit Forschungsaufgaben sowie Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, darunter insbesondere auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU).

Was wird gefördert?

In den letzten Jahrzehnten haben sich die Möglichkeiten, die sich aus den DNA-Sequenzierungstechniken ergeben, rasant weiterentwickelt und dazu beigetragen, dass sich das Forschungsfeld der Pflanzengenomik etabliert hat. Um diese Fortschritte auch in der Epigenetik zu nutzen, sollen mit dieser Fördermaßnahme Projekte unterstützt werden, die sich mit dem Themenbereich Epigenomik beschäftigen. In diesen Bereich fallen auch die Entwicklung neuer (kostengünstigerer) Methoden zur Epigenom-Sequenzierung und die Etablierung von Algorithmen zur Datenanalyse.

Das grundlegende Ziel der Fördermaßnahme ist es, ein Verständnis von Prozessen der Epigenetik in größtmöglicher Breite zu erlangen. Ein Fokus ist die Aufklärung von molekularen epigenetischen Mechanismen und Komponenten, wie u. a. der Regulierung der Aktivität von Transposons, der Bedeutung von small RNAs in der Epigenetik, dem Prozess der Histon-Modifikation und den Zusammenhängen zwischen epigenetischen Modifikationen und spezifischen Merkmalsausprägungen in Pflanzen. Zusätzlich soll die Initiative eine wissenschaftliche Bearbeitung von konkreten Herausforderungen der Epigenetik in den Pflanzenwissenschaften ermöglichen. Hierzu werden konkrete inhaltliche Schwerpunkte gesetzt. Ein solcher liegt in der Aufklärung der Rolle der Epigenetik während der pflanzlichen Entwicklung und bei der Interaktion von Pflanzen mit ihrer Umwelt (Reaktion auf biotischen und/oder abiotischen Stress).

Neben den genannten Fragestellungen sind das Verständnis und die Beeinflussung der molekularen Maschinerie, die die Stabilität von epigenetischen Modifikationen während der mitotischen und der meiotischen (transgenerationalen) Vererbung bestimmt, eine Herausforderung und Hürde für die wirtschaftliche Nutzung von Epigenetik. Diese Förderinitiative soll dazu beitragen, neue Erkenntnisse über das epigenetische (Langzeit-)Gedächtnis zu erlangen und bestehende Wissenslücken auf diesem Gebiet zu schließen.

Im Rahmen der Maßnahme werden explorative Vorhaben der Grundlagenforschung und der industriellen Forschung gefördert. Dabei finden solche Vorhaben besondere Berücksichtigung, die einen potenziellen Anwendungsbezug erkennen lassen (z. B. aufgrund der Forschung an Nicht-Modell-Pflanzen).

Mögliche Forschungsschwerpunkte

Die folgende Liste von Themen ist nicht bindend. Weitere Themen können im Rahmen der Skizzeneinreichung vorgeschlagen werden.

1. Grundlagen der Epigenetik:

  • Identifikation/Analyse von molekularen Komponenten, die die Stabilität und Vererbung von epigenetischen Modifikationen beeinflussen;
  • Aufklärung von kausalen Zusammenhängen in der Epigenetik (z. B. Zusammenhänge zwischen epigenetischer Veränderung, Genexpression und Merkmalsausprägung);
  • Forschungsansätze, die zur Aufklärung von Zusammenhängen zwischen Epigenetik und phänotypischer Plastizität beitragen;
  • Aufklärung der Integration von Signalwegen (natürlichen und künstlich-induzierten) auf epigenetischer Ebene;
  • Rolle von Epigenetik bei der Interaktion von Pflanze und Umwelt;
  • Bedeutung von epigenetischen Variationen innerhalb von Pflanzenpopulationen;
  • Verständnis und Kontrolle der räumlichen Variabilität von epigenetischen Modifikationen zwischen unterschiedlichen Zelltypen, Geweben, Organen und Organismen.

2. Epigenomik:

  • Entwicklung von Werkzeugen, Algorithmen und Verfahrensabläufen (Pipelines) für die Analyse epigenomischer Daten;
  • Beiträge zur Pan-/Meta-Epigenom-Forschung.

3. Molekulare Methoden für die Epigenetik:

  • Entwicklung von kostengünstigen Hochdurchsatz-Methoden für die Bestimmung von epigenetischen Modifikationen;
  • Entwicklung von neuen Methoden zur epigenetischen Veränderung von Pflanzen.

Wie wird gefördert?

Das Antragsverfahren ist zweistufig angelegt.

In der ersten Verfahrensstufe sind dem Projektträger Jülich zunächst Projektskizzen mithilfe des elektronischen Formular-Systems für Anträge und Angebote „easy-Online" vorzulegen. Zusätzlich zu den Angaben, die über die Eingabemasken von „easy-Online" abgefragt werden, ist bei Einreichung der Skizze eine Vorhabenbeschreibung in englischer Sprache als Anlage elektronisch hinzuzufügen (PDF). Einreichungsfrist ist der 15. September 2020

Auf der Grundlage der Bewertung und der Empfehlungen externer Gutachter werden die für eine Förderung geeigneten Projektvorschläge vom BMBF ausgewählt. Das Auswahlergebnis wird den Interessenten schriftlich mitgeteilt.

Die Zuwendungen werden im Wege der Projektförderung als nicht rückzahlbare Zuschüsse gewährt. Die Höhe der Zuwendung pro Vorhaben richtet sich im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel nach den Erfordernissen des beantragten Vorhabens.

Gefördert werden in der Regel Einzelvorhaben oder Verbünde mit maximal drei Partnern bei einer maximalen Laufzeit von 36 Monaten.

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