Forschen in der Elternzeit

Zu Hause baut Dr. André Schaffrin Baumhäuser für seine zwei Kinder. Als wissenschaftlicher Leiter des Projekts EnAHRgie entwickelt er Konzepte für eine nachhaltige Landnutzung: Ein Spagat zwischen Familie und Beruf, der amüsante Situationen mit sich bringt.

Einen Interviewtermin mit Dr. André Schaffrin zu bekommen ist nicht einfach: An drei Tagen der Woche kümmert sich der zweifache Vater hingebungsvoll um seine Familie, an den anderen beiden Tagen erforscht er an der EA European Academy of Technology and Innovation Assessment (EA) Konzepte für eine nachhaltige Landnutzung. Als Leiter des Projekts EnAHRgie unterstützt er Landkreise und Regionen dabei, die Energiewende vor Ort erfolgreich umzusetzen und gleichzeitig die Ressource Land zu schützen.

Ins kalte Wasser geschmissen

Zeit für die eigentliche Forschung muss sich der promovierte Politikwissenschaftler allerdings hart erkämpfen. Als Projektleiter sind seine Arbeitstage geprägt von Koordination und Organisation: „Früher bestand mein Alltag als Wissenschaftler aus Lesen und Schreiben und ein wenig aus Telefonieren. Heute telefoniere ich vorwiegend und muss mir die Zeit für das Schreiben und Lesen hart erkämpfen", sagt Schaffrin. Vor seiner Anstellung bei der EA hatte er nur wenig Projekt- und Praxiserfahrungen. Nach seinem Diplom in Sozialwissenschaften zum Thema Umweltbewusstsein und Umweltpolitik, mehreren Auslandsaufenthalten als Gastwissenschaftler und seiner Promotion im Themenbereich Klimapolitik, entdeckte er die Stellenausschreibung seines jetzigen Arbeitgebers. An der Stelle reizte ihn besonders der praktische Bezug, das interdisziplinäre Arbeitsumfeld sowie die Möglichkeit aktiv einen Beitrag zur Energiewende zu leisten. Das Institut ging ein Wagnis ein, als sie Schaffrin ins kalte Wasser schmissen und ihm die Leitung des im Rahmen der BMBF-Fördermaßnahme „Innovationsgruppen für ein nachhaltiges Landmanagement" geförderten Projekts anvertrauten. Schaffrin nutzte seine Kommunikationsstärke und seine Leidenschaft für Klima- und Umweltschutz, um seine fehlende Erfahrung im Bereich des Projektmanagements gut zu machen. Mittlerweile kann er als Profi bezeichnet werden. Er schafft es nicht nur, die Arbeit seines Teams und der 15 Projektpartner zu koordinieren: Er bringt auch Politik, Vereine, Verbände und die Bürgerinnen und Bürger an einen Tisch. Mit Erfolg: Sein Projekt hat bereits ein Energiekonzept für den Landkreis Ahrweiler erstellt und dem Landrat, den Kommunen und der lokalen Wirtschaft übergeben. Erste Städte bekennen sich zu diesem Konzept und wollen es umsetzen.

Baumhäuser aus Sperrholz

Sein Faible für Klima- und Umweltthemen entdeckte der heute 35-jährige Schaffrin bereits als Jugendlicher. Aufgewachsen in der Lutherstadt Wittenberg war die Natur und insbesondere die Elbe schon früh ein Teil seiner Identität. Bereits in der Schule machte er in Vorträgen auf die Auswirkungen der Umweltverschmutzung aufmerksam. Ein Engagement, das bis heute anhält – nicht nur im Beruf: Neben einer nachhaltigen Lebensweise hat er das Upcycling für sich entdeckt, bei dem er Produkte aufbereitet und noch mal verwendet, die sonst im Abfall gelandet wären. Aus Sperrholz baut er Baumhäuser und Schränke für seine Kinder. Für seine zwei Töchter, 6 Jahre und 7 Monate alt, nimmt sich der handwerklich begabte Wissenschaftler in Elternteilzeit sehr viel Zeit. Mit der Unterstützung seines Teams und Rückhalt seines Instituts, das einer Elternteilzeit sofort aufgeschlossen war, rotiert Schaffrin zwischen Schreibtisch, Konferenzraum, Krabbelgruppe und Kindergarten. Wenn Privat- und Berufsleben aufeinanderprallen, kann es schon mal lustig werden. So zum Beispiel, als er seine große Tochter mit in ein wichtiges Treffen mit Kommunalpolitikern nehmen musste. Da wurde dann nicht nur die Energiewende mit Ratsmitgliedern diskutiert, sondern auch die Zeichenkünste der Tochter. Sein Spagat zwischen Familie und Beruf bereitet dem Projekt dabei keine Probleme. Menschlichkeit und ein gutes, vertrauensvolles Miteinander sind ausschlaggebend für dessen Erfolg.

Für seine Zukunft wünscht sich Schaffrin wieder etwas mehr Zeit zum Forschen, also zum Lesen und Publizieren. Bei der angewandten Forschung möchte er bleiben und das auf jeden Fall im Bereich Energie, Umwelt und Klima. Vielleicht wird es dann auch wieder leichter, Interviewtermine zu finden.

Drei Fragen an... Dr. André Schaffrin

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Köpfe der Zukunft - Drei Fragen an... Dr. André Schaffrin
© FONA

Information zur Fördermaßnahme:

Mit dem Förderschwerpunkt "Innovationsgruppen für ein Nachhaltiges Landmanagement" verfolgt das BMBF einen neuen Ansatz, um Nachhaltigkeitsinnovationen den Weg in die fachliche Praxis zu ebnen: Wissenschafts-Praxis-Teams arbeiten von Beginn an gleichberechtigt zusammen. Beide Gruppen können sich im Bereich Innovationsforschung und Innovationsmanagement qualifizieren. Neben Forschungseinrichtungen sind Kommunen, Stadtwerke und Regionalplaner ebenso wie Landwirte, Energieerzeuger, Energieagenturen und Ingenieurbüros in den Wissenschafts-Praxis-Teams vertreten. Alle Innovationsgruppen haben das Ziel, regionale Wertschöpfungsnetze zu knüpfen, die sparsam und nachhaltig mit den verfügbaren Flächen umgehen und zu einer integrierten Stadt-Land-Entwicklung beitragen.

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